Sonntag, 8. September 2013

Joy Fielding - Am seidenen Faden

ACHTUNG, SPOILERGEFAHR!!!!!

Kate Sinclair ist Familientherapeutin und lebt ein entzückendes Leben. Ein liebender Ehemann, regelmäßig Sex, boomende Praxis, zwei nette Töchter ... es könnte so schön sein. Doch von dem Tag an, als ihre jüngere Schwester verkündet, einen mutmaßlichen Serienmörder heiraten zu wollen, geht irgendwie alles schief. Ihre ältere Tochter wird zum aufmüpfigen Teenager, ihr Mann verbringt immer mehr Zeit auf dem Golfplatz, ihre Mutter zeigt die ersten Anzeichen von Alzheimer und zu allem noch der Super-GAU: Die Wechseljahre setzen ein.

Ungelogen, das ist die Zusammenfassung dieses Buchs. Klingt das nach einem Thriller? Nein, tut es nicht. Es klingt wie ein Frauenroman von Hera Lindt. Da Joy Fielding aber Thriller schreibt, muss jetzt nach dreißig Kapiteln also doch noch irgendwie ein Thrill her. die letzten fünfzig Seiten bricht also der werte Herr Schwager aus und bedroht Kate und ihre Töchter. Zuvor hat er noch die Schwester umgebracht, kriegt man aber auch erst am Ende mit. Kates Mutter knockt ihn aus, Buch Ende. Und ich als Leser fasse mir an den Kopf und frage mich: Was war DAS denn?

Ich habe dieses Buch aus zwei Gründen gelesen. Erstens, weil ein Herz vorne drauf war, und zweitens, weil ich "Schlaf nicht, wenn es dunkel wird" großartig fand. Überraschend, spannend und irgendwie cool. Also dachte ich, ich kann hier nichts falsch machen. Das erste Kapitel beginnt auch gut: Kate muss aus irgendwelchen Gründen für die Polizei einen Fall schildern, etwas muss geschehen sein, das sich im Laufe der Geschichte herausstellen soll. Aber darauf wartet man dann halt wirklich ungelogen bis fünfzig Seiten vor Ende und muss sich in der Zwischenzeit mit Kate Gejammer, Genörgel und "hach, soll ich meinen Mann betrügen"-Gewissensbissen herumschlagen. Der Klappentext spricht von einem fiesen Plan, der in der Strafanstalt geschmiedet wird - wo ist der? Diese gesamte Handlung um den Serienmörder ist sowas von ... belanglos, so bescheuert gezeigt, dass ich mich richtig verarscht gefühlt habe. Das ist so tief aus dem psychologischen Klischeetöpfchen gegriffen und so unrealistisch, ich kann es gar nicht beschreiben. Noch schlimmer für mich war nur noch diese Küchenpsychologie rund um sexuellen Missbrauch, diese Sätze klangen so nach Angelika Kalwass, ich war kurz davor, loszulachen. Insgesamt finde ich, dass der psychologische Faktor in diesem Buch so gar nicht nach etwas klingt, was eine Psychotherapeutin sagen würde, sondern mehr nach "aus irgendwelchen Selbsthilfebüchern" abgeschrieben. Kate agiert sowas von unreflektiert und unglaubwürdig in ihrer Rolle, dass ich mich frage, ob Fielding tatsächlich recherchiert hat oder doch nur schnell in die Tasten getippt und veröffentlicht hat, um möglichst den nächsten Coup zu landen. Keine der Figuren läd wirklich dazu ein, sich zu identifizieren oder sie als Person anzunehmen, es sind seltsame, krude Charaktere, die nicht zusammenpassen und mich im Laufe der schleppenden Handlung mehr und mehr nerven. In diesem Fall baut sich keine Spannung auf, die muss grade Urlaub machen. Ich hoffe, der tut ihr gut und sie kommt zurück - in diesem Buch wird sie schmerzhaft vermisst!

1 Kommentar:

  1. Ich fand "Lauf, Jane lauf!" und wollte mir ein zweites Buch von ihr holen. "Am seidenen Faden" kann ich mir wohl dann sparen.

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