Sonntag, 16. Februar 2014

[Buchgedanken] Chris Cleave - Little Bee

Little Bee ist 16 Jahre alt und aus Nigeria. Mehr weiß man nicht über das junge Mädchen, das in einem britischen Asylgefängnis auf die Abschiebung oder den genehmigten Asylantrag wartet. Als sie durch eine Zufall freigelassen wird, ruft sie die einzige Nummer an, die sie kennt, die von Andrew O'Rourke, einem britischen Journalisten, der gemeinsam mit seiner Ehefrau Sarah in London lebt. Doch als Little Bee bei ihnen eintrifft, hat sich Andrew das Leben genommen und Sarah weiß nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Little Bee bleibt bei ihr und nach und nach offenbart sich dem Leser, wie die Schicksale dieser drei so unterschiedlichen Menschen tatsächlich verknüpft sind ...

Das Buch ist mir jetzt schon mehrfach über den Weg gelaufen, und da ich "Lieber Osama" von Chris Cleave echt gut fand, habe ich das Buch nach der letzten Enttäuschung zwischengeschoben. Positiv ist, dass man die dreihundert Seiten wirklich schnell weglesen kann, ich habe einen Tag für das Buch gebraucht. Aber das Buch hat eben auch ein großes, blinkendes Aber.

Dieser Roman beinhaltet extrem bedrückende Stellen, in denen Bees Schicksal in Nigeria und ihre Erlebnisse während der Haft behandelt werden. Little Bee ist eine sehr seltsame Erzählerin, die einerseits für ihr Alter und ihre Herkunft außergewöhnlich gut und souverän mit der englischen Sprache umgeht (also sprachliche Bilder verwendet, eine bewusste Erzählposition einnimmt und die auch immer wieder reflektiert, ...) Andererseits geht sie über ihre Geschichte auch manchmal sehr schnell hinweg, erzählt viele Dinge nur am Rand, vielleicht, weil sie sich selbst vor diesen Erinnerungen und Erlebnissen schützen will, vielleicht, weil Cleave den Leser nicht zu sehr schocken wollte. Stattdessen entscheidet er sich dazu, eine Teil der Geschichte aus der Sicht von Sarah berichten zu lassen und scheitert hier so ziemlich auf ganzer Linie. Mal ehrlich, diese gesammelte Geschichte, in die Sarah da verwickelt ist, ist dermaßen hanebüchen! Sarah wird hier verkauft als eine erfolgreiche Geschäftsfrau, Chefreadakteurin einer Frauenzeitschrift, ihre Kollegin erklärt ihr sogar, sie könne als Chefredakteurin einer angesehenen politischen Zeitschrift arbeiten - also davon merk ich im Buch mal so gar nichts. Die meiste Zeit ist Sarah ein naives Ding, das kuhäugig von der Schlechtigkeit der Welt erfährt. Entschuldigung, wir reden hier von der Frau, die einen Versöhnungsurlaub mit ihrem Mann in einer ausgewiesenen Krisenregion macht und dann völlig überrascht ist, am Strand über Soldaten zu stolpern! Auf mich wirkt Sarah deutlich unreifer und naiver als die halb so alte Little Bee und das gefällt mir irgendwie so gar nicht. Dadurch verliert die Geschichte extrem an Glaubwürdigkeit, die sie eigentlich nötig hätte, um Little Bees Aussagen und Cleaves Kritik zu unterstützen.

Ach ja, und wo ich schon am meckern bin: kann jemand bitte dafür sorgen, dass nie wieder ein Autor auf die Idee kommt, dass es genug an Gagdichte wäre, wenn ein kleiner Junge permanent im Batman-Kostüm rumläuft? Gott, hat Charlie mich genervt ... Ja, ja, das wird psychologisch aufgelöst und so, aber ich finde diese Kinderkostüme leider so doof, dass Charlie auf mich eher ein wenig zurückgeblieben gewirkt hat. Ja, das ist gemein, aber das waren meine ersten Gedanken.

Nein, im Ernst, so schlecht ist das Buch auch nicht. Wenn man sich überwinden kann, diese Logikkrater auszublenden und relativ wenig aufrüttelnde Szenen hinnehmen kann

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