Montag, 6. April 2015

[Buchgedanken] Lyndsay Faye - Der Teufel von New York

New York, 1845, das ist die Zeit, in der sich gerade erst eine Polizei zu formieren beginnt und die Stadt allmählich aus allen Nähten zu platzen beginnt. Das liegt nicht zuletzt an einem Schwung irischer Einwanderer, die der Hungernot in ihrer neuen Heimat zu entkommen versuchen. Die plötzliche Schar an Katholiken führt zu erheblichen Spannungen mit den alteingesessenen Protestanten und der Sprengstoff wird von der Politik und besorgten selbsterkannten Sozialkritikern noch angeheizt. In diesem Pulverfass findet der Polizeifrischling Timothy eines nachts ein blutüberströmtes Mädchen auf der Straße - und schließlich dank ihrer Hinweise das Grab von 19 entstellten Kindern, die niemand zu vermissen scheint. Timothy stößt mitten in das New Yorker Wespennest aus Prostitution, Drogenschuppen und den verzweifelten Versuchen beider Kirchen, die Armut zu lindern und gleichzeitig so viele Schäfchen wie möglich in ihr eigenes Boot zu ziehen ...

Dieses Buch lag jetzt fast ein Jahr lang aufgeschlagen auf Seite 68 bei mir im Nachttisch. Ich hatte es gekauft und angefangen, war aber nach den ersten sechzig Seiten so angenervt vom Stil der Autorin, dass ich keine Lust mehr hatte. Das Buch, das vorneweg, ist ein historischer Roman in erster Linie, ein spannender Krimi erst in zweiter. Und dieser Ansprcuh zeigt sich zum Beispiel daran, dass es in vielen Dialogen nur so wimmelt vom sog. Flash, der amerikanischen Gaunersprache. Das mag im Original sehr cool rüberkommen, in der deutschen Übersetzung hat der Übersetzer eben einfach Wörterbücher aus dem 19. Jahrhundert gewälzt etc. und dann Wörter rausgenommen. Wörter, die komplett ungebräuchlich sind heutzutage und über die man deshalb ständig stolpert. Noch blöder ist das, wenn die restliche Sprechweise dem nicht so wirklich angepasst wird, also einfach keine Figure im Flash den Eindruck macht, auch tatsächlich permanent so zu sprechen. Es klingt künstlich und übertrieben an vielen Stellen, und das ging mir in diesen ersten sechzig Seiten ziemlich auf den Keks.

Tatsächlich musste ich etwa bis Seite 150 kommen, um allmählich ins Buch zu finden. Ich hätte eigentlich abgebrochen, wäre nicht eine der Monatsaufgaben dieses mal gewesen, ein abgebrochenes Buch neu zu lesen. Ab Seite 150 war dann nämlich die Vorgeschichte endlich mal zu Ende erzählt und die Handlung konnte beginnen. Das ist mein zweiter Kritikpunkt am Roman, dass an vielen Stellen wenig Spannung auftaucht, weil ellenlang geschildert wird oder der Ich-Erzähler Timothy in Reflexionen über seine Jugend versinkt. Für einen Krimi erwarte ich mir einfach mehr stringente Handlung und mehr Ermittlungsarbeit als hier geboten wird.

Was mir am Buch gefallen hat? Die Einblicke in das Leben New Yorks vor dem Sezessionskrieg. Tatsächlich finde ich es immer spannend, wenn historische Romane mal neue Pfade betreten und nicht nur über die Zeiten schreiben, die man schon kennt. Die Spannungen zwischen Iren und "Nativisten", die Probleme beim Aufbau einer Polizei und der Gründung des NYPD (New York war damit deutlich später dran als andere amerikanische und europäische Städte) und vor allem die Einblicke in die Unterwelt - das war schon eine große Stärke, die mich beim Lesen doch letztlich bei der Stange gehalten hat. Aber noch einmal lesen muss ich das Buch jetzt nicht unbedingt ;-)

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