Mittwoch, 26. September 2012

Joe R.Lansdale - Gauklersommer

Casons Statler ist ein Veteran des ersten Irakkriegs und seitdem nicht mehr wirklich auf die Beine gekommen. Als alkoholabhängiges Wrack kehrt er, der einstmals ein vielversprechender Journalist war, in seine Heimatstadt Camp Rapture zurück und nimmt eine Stelle beim Lokalblatt an. Dort stolpert er über das mysteriöse Verschwinden einer jungen Studentin vor einem Jahr und beginnt, nachzuforschen. Wie soll es anders sein: er stößt in das typische Dreckgewühl unter dem Deckmäntelchen der Kleinstadt, was vielen nicht gefällt …
Dieses Buch ist ein bisschen anders als andere Krimis. Es lässt sich so schwer einordnen in irgendein Genre. Das Buch schildert Texas in all seiner Bigotterie, ohne dabei zur Anklageschrift zu werden; es beschreibt Grauenvolles völlig alltäglich, ohne dabei das Grauen aus den Augen zu verlieren; es spielt mit so ziemlich allen Klischees ohne dabei selbst ins Klischee abzugleiten. Lansdale ist ein sehr bissiger Mensch, der einen Humor besitzt, gegen den jeder Rabe wie ein Albino wirkt, dennoch gibt er seine Figuren nie der Lächerlichkeit preis oder führt sie vor – stattdessen hat er es geschafft, selbst einen ausgeprägten Soziopathen irgendwie nett erscheinen zu lassen, eine interessante Kunst, möchte ich mal bemerken. Wenn es ein Adjektiv gibt, das diesen Roman beschreibt, dann unzweifelhaft das Wort „cool“. Nicht die aufgesetzte Hipster-Coolness, sondern die gute, altmodische „ich brauch keine Worte“-Coolness, die man in vielen Fällen selbst gerne hätte.
Die Geschichte ist an und für sich völlig glaubwürdig, auch wenn sie in einem Hard boiled Finale gipfelt, das gradezu klassisch erscheint. Aber, und da sind wir beim einzigen Kritikpunkt, dieses Finale ist ziemlich vorhersehbar, wenn man gemerkt hat, wie die Geschichte funktioniert – das ist halt doch wieder genretypisch, nicht viel nachdenken, sondern klar die Strecke von A nach B verfolgen. Dafür einen Punkt Abzug in der B-Note, aber ansonsten eine echte Empfehlung. Wobei ich glaube, dass es doch etliche Leser gibt, die sich von diesem Buch mit Grausen abwenden würden ;-) Oh, was ich unbedingt noch erwähnen wollte: ich habe selten ein Buch mit einer hübscheren Aufmachung in der Hand gehabt. Das Titelbild ist schön gestaltet und vermittelt viel von der Buchatmosphäre, auch die Kapitelanzeigen im Buch sind eine gute Hilfe und die Schrift ist im perfekten Schriftgrad für müde Augen. Sollte man auch mal lobend erwähnen, dieser Verlag gibt sich wirklich Mühe für den Leser ;-)

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