Donnerstag, 30. Mai 2013

Ponines Bücher-ABC - C wie Cozy


Cozy? Was soll das denn sein? So stand ich neulich vor einer amazon-Rezension und blickte irritiert auf die geschriebenen Worte. Was mir der Kritiker damit sagen wollte? Nun, "cozy" ist anscheinend eine Bezeichnung für Krimis, die in behaglicher Athmosphäre spielen und relativ wenig Action bieten, sondern mehr Wohlbehagen verbreiten. Ich weiß ja nicht, seit wann gibt es solche Bezeichnungen? Und vor allem, warum gibt es sie? Ich finde Kategorien ja durchaus hilfreich und glaubt mir, gelegentlich stehe ich auch hier vor dem Problem, in welche Kategorie ich ein Buch einsortieren soll oder ob die Rubriken nicht doch etwas zu groß gewählt sind und deshalb unübersichtlich werden. Andererseits bin ich ein eher praktisch veranlagter Leser: ich will einen Krimi lesen. ob die Heldin da eher Angorapullis strickt oder Walfische schlachtet ist mir dabei erstmal egal.
Kategorien sind ja in erster Linie hilfreich, wenn man ein Bücherregal einsrotieren will. Mal ehrlich, Bücherregale, die nach Farben sortiert sind, sind zwar ganz nett, aber mich dran zu erinnern, wie genau eins meiner Bücher aussieht, ist bei mir kaum möglich. Dementsprechend sortiere ich halt doch wieder nach Kategorien. Auf die Aufgabe freue ich mich am wenigsten, wenn ich im August umziehe - obwohl, wenigstens kann ich dann wieder einmal versuchen, meine Bücher zu ordnen. Im Moment heißt meine Ordnung ja "kreatives Chaos". Vielleicht gehe ich sogar so weit und mache es wie der Freund einer Bekannten - der hat seine Regale nicht nur nach Themen sortiert, sondern innerhalb der Themen alphabetisch und das ganze dann auch noch mit kleinen gedruckten Aufklebern am Regal verdeutlicht. Also eins ist mal klar: cozy ist so eine Bibliotheksatmosphäre im Wohnzimmer sicher nicht mehr, oder?

Montag, 27. Mai 2013

Chris Simms - Totenhaut


Die folgende Rezension entsteht, wenn man ein Buch liest und dann nicht sofort die Rezension schreibt, sondern zwei Wochen wartet …

„Totenhaut“ ist dran … Moment, „Totenhaut“? Hast du das überhaupt gelesen? *leseliste check* Doch, das steht da. Merkwürdig. Kann ich mich so gar nicht dran erinnern *am Kopf kratz* Aber so lange ist das doch noch gar nicht her … War das auf dem eReader? Wahrscheinlich … *reader check* Nee, auch nicht. Hast du dir das echt ausgeliehen? Okay, versuchen wir es mal bei amazon, worum ging es da denn nochmal?

Ein Serienmörder in Manchester zieht seinen Opfern die Haut ab und legt sie in einem hübschen Stapel neben den Opfern ab. Detective Inspector Jon Spicer stochert bei seinen Ermittlungen im Nebel, bis sich eine Frau bei der Polizei meldet, die Stein und Bein schwört, im Nebenzimmer ihres Hotelzimmers einen Mord gehört zu haben. Außer der Visitenkarte eines Escort-Services finden sich dort aber keine Spuren ...

Escort-Service? Da klingelt jetzt was. War das dieser Schwachsinn mit der verprügelten Ehefrau? Stimmt, die hockte da im Zimmer und hörte einen Mord … Jetzt weiß ich es wieder, das war dieses Ding, wo ich immer wieder nach der Krimihandlung gesucht habe, weil die Ermittler immer nur in der Bar hockten und drüber diskutierten, dass der eine Ermittler schwul ist! Wer war da eigentlich der Mörder? Nee, ich frag anders: will ich mich wieder dran erinnern, wer der Mörder war? Keine Ahnung mehr … Aber ich weiß noch, wie mich diese Trulla genervt hat, die um jeden Preis Detektiv spielen musste. Wie immer halt, geht das nicht auch mal ohne? Ach stimmt, auf die hatte es der Killer dann abgesehen – warum eigentlich? Ist glaube ich nie wirklich geklärt worden *am kopf kratz* Und dazu sollst du jetzt eine Rezension schreiben? Na dann mach mal, wie fängst du denn da bitte an? Völlig bescheuert … Einen Cody ist es nicht wert, das würde ja bedeuten, du hättest dich beim Lesen geärgert … am liebsten würde ich gar keinen Smilie vergeben, weil es so nichtssagend geblieben ist. Verdammt, du musst mal wieder was anderes lesen als Krimis, sieht man ja, was dabei rauskommt! Mistiges Buch, mistiges … Empfiehl es doch mal spaßeshalber zum Kauf :-p Zumindest Schlaflosigkeit müsste man damit in den Griff bekommen können. Oder wackelnde Tische

Jean G. Goodhind - Mord ist schlecht fürs Geschäft

Hannah Driver, von Freunden nur Honey genannt, ist verwitwet, hat eine achtzehnjährige Tochter (die erwachsener ist als die eigene Mutter) und eine Mutter, die sie gerne wieder unter die Haube bringen möchte. Zu allem Überfluss leitet sie auch noch ein kleines Hotel in Bath und wurde unter Protest zur Verbindungsfrau der Hotelvereinigung von Bath mit der Polizei ernannt. Denn, und das ist eine unumstößliche Tatsache, Mord und andere Verbrechen wären sehr schlecht für das Tourismusgeschäft in Bath. Kaum in Amt und Würden verschwindet tatsächlich ein amerikanischer Tourist und da die Polizei – allen voran Detective Steve Doherty – das Ganze zunächst als wenig dringlich empfindet, beginnt sie selbst zu ermitteln. Bis dann nicht nur die Leiche des Amerikaners sondern eine weitere Leiche auftauchen und Honey bei ihren Ermittlungen dem Täter zu nahe kommt ...
Beginnen wir mit dem Positiven am Buch: die Stadt Bath erhält dadurch vermutlich extrem viel Werbung. Die Sehenswürdigkeiten werden erläutert, es gibt Ausflugtipps in die Umgebung und die Stadt wirkt so reizend wie im Prospekt. Ebenso reizend wirken die Figuren, die wie aus einem Agatha Christie entnommen sein könnten, aber ein wenig mehr Pfeffer als diese besitzen. Alles in allem also wirklich ein nettes Setting in hübscher Umgebung garniert mit dem einen oder anderen Mördchen. Wenn da nicht – ihr ahnt es bestimmt schon – das große, düster ABER stünde. Dieses Buch ist als Krimi betrachtet extrem langweilig und, noch schlimmer in meinen Augen, unschlüssig. Honey ermittelt irgendwo, irgendwie, irgendwas und hat dann plötzlich ganz großartige Schlüsse, aber ich als Leser konnte ihr absolut nicht folgen. Das liegt daran, dass die Autorin dazu neigt, sich sehr in Details zu verlieren und abzuschweifen bei Schilderungen. Für mich als Leser hat das bedeutet, dass ich immer mal wieder Absätze übersprungen habe, weil Honey schon wieder irgendwo eine Tür aufmacht und mir dann erstmal das Interieur beschrieben wird. Dazwisachen plätschert der Fall dahin, der dann irgendwie gelöst wird, ohne dass ich diese Lösung sonderlich glaubhaft finde. Ich habe ja schon hier und da erwähnt, dass ich bereits bei Agatha Christie finde, dass mir da mitunter Motive und Mörder präsentiert werden, die ein wenig hergezaubert wirken – aber die Lösung hier toppt an Absurdität wirklich alles, was ich mir habe träumen lassen. Es mag ja ganz nett gemeint sein, aber wirklich lesen muss man Honey Driver eigentlich nicht.

Tilman Röhrig - In 300 Jahren vielleicht

Deutschland während des 30jährigen Kriegs. Man schreibt das Jahr 1641. Der kleine Ort Eggebusch ist den Gewalten des Kriegs ausgeliefert. Marodierende Soldaten, Hungernöte und die Angst vor der Pest prägen auch das Leben des 15jährigen Jockel, der in die gleichaltrige Katharina verliebt ist. Auch wenn es nicht so scheint, hat er die Hoffnung, dass irgendwann wieder Frieden herrschen könnte. Nicht heute, nicht morgen, aber vielleicht in den nächsten hundert Jahren …
Ich habe das Buch gelesen, um ein paar Auszüge daraus demnächst im Unterricht zu verwenden, wenn ich endlich mal den 30jährigen Krieg behandele. Es ist verdammt harter Tobak, was Tilman Röhrig hier bietet, das sei vorneweg gesagt. Die Leiden der Bevölkerung während des Kriegs werden sehr eindringlich vermittelt, es wird kein Bogen gemacht und Vergewaltigungen, Ermordung der wehrlosen Bevölkerung, Kannibalismus, Plünderungen und die Angst, vom eigenen Nachbarn bestohlen werden zu können. All das wird zwar letzten Endes nur angedeutet, aber mit ein wenig Fantasie kann man sich die Leerstellen im Text gut erschließen – und das ist verdammt heftig für den ein oder anderen Siebt- und Achtklässler. Bitte versteht mich nicht falsch, das Buch ist großartig, so großartig, dass ich denke, dass man es sehr gut als Lektüre verwenden kann. Aber es braucht definitiv eine Vor- bzw. Nachbereitung des Gelesenen, ich würde meine Kinder nur ungern damit allein lassen. Röhring beschreibt sehr anschaulich und in einer jugendgerechten Sprache, genau deshalb geht das Buch in seinen Handlungen auch sehr nahe und liefert ein sehr realistisches Bild vom Leben im Krieg. Was mir besonders gefallen hat, war, wie auch die „kleinen“ Alltagssorgen wie Liebeskummer oder Geschwisterrivalität im Buch mit eingebracht werden, denn auch die gibt es vermutlich zu jeder Zeit. Es ist gut zu lesen aber wie gesagt ein sehr harter Stoff für zartbesaitete Gemüter.

Nick Hornby - Juliet, Naked

Annie und Duncan sind seit langem ein Paar und seit langem leben sie eher nebeneinander her. man hat sich eben eingerichtet im gemeinsamen Alltag. gerade Duncan ist rundum zufrieden mit allem, hat er doch sein Hobby. Duncan ist ein fanatischer, enthusiastischer, manchmal schon zum Fremdschämen reizender Fan des Songwriters Tucker Crowe. 1986 zog sich Crowe unmittelbar vor einem Auftritt aus dem Showbusiness zurück und ist seitdem untergetaucht - alles, was seinen Fans geblieben ist, sind seine Songs, allen voran das Album "Juliet", das seitdem auf der Suche nach Hinweisen analysiert wird. Und dann geschieht alles Schlag auf Schlag. Duncan erhält von Crowes Plattenfirma ein unbekanntes Album, Rohaufnahmen zu "Juliet", die als "Juliet, Naked" veröffentlicht werden sollen. Während Duncan auf seiner Fanseite eine begeisterte Rezension veröffentlicht, antwortet ihm Annie ebendort mit einer sehr viel dezenteren Kritik: für sie ist das Album, einfach nur durchschnittlich. Die Beziehung gerät in eine ernsthafte Krise und wird nicht dadurch gestärkt, dass sich bei Annie plötzlich jemand meldet, der sich von ihrer Kritik endlich verstanden fühlt - Tucker Crowe himself.

Nick Hornby ist ein Musikenthusiast, wer sich ein wenig mit ihm beschäftigt, weiß das. Insofern ist "Juliet, Naked" eigentlich nur ein weiterer Schritt auf seiner Schriftstellerleiter, in der er dies thematisiert. Die Figuren sind älter geworden, statt Mittzwanziger hat man nur Enddreißiger/Anfangvierziger als Protagonisten, die aber immer noch an den alten Problemen kranken. Sie können nicht wirklich erwachsen werden und verbeißen sich in etwas, das sie mit ihrer Jugend verbindet. Tucker Crowe (der entgegen aller Fangerüchten zum trotz ein so grundsolides und anständiges Leben führt, wie man es nur kann) kann mit diesem Kult um sich und "Juliet" nichts anfangen, für das Duncan zum Stellvertreter wird. Überhaupt geht es in diesem Buch immer wieder um Auseinadersetzungen mit sich und seiner Umwelt, um die Frage, was man aus seinem Leben macht und gemacht hat. So surreal eine Inhaltszusammenfassung des Buchs auch klingen mag, so realistisch erscheint es, was vor allem an der sehr gelungen Figurencharakterisierung liegt. Hornby gelingt es hier, allein durch Handlungen und Dialoge seine Figuren bereits genau zu zeichnen, und dadurch versetzt man sich als Leser auch so gut in sie hinein. Egal, welche Figur man betrachtet, es gibt eigentlich keinen Fiesling oder Guten, es gibt einfach Menschen, die ihr Leben so gut wie möglich hinbekommen möchten. Ein Selbstfindungstrip nicht nur zu den Charakteren, sondern letztlich auch zu sich selbst, der nur von einem ein wenig getrübt wird. Horny ist ein großartiger Plauderer, doch hier im Buch ist er manchmal eine Spur zu stark am Abschweifen, zu sehr am Plaudern statt den Figuren einfach ihren Raum zum Handeln zu lassen. Aber darüber kann man hinwegsehen, denn trotz allem ist "Juliet, Naked" ein verdammt gutes Buch geworden ;-)

Oliver Hilmes - Liszt. Biographie eines Superstars

Franz Liszt geht selbst in Bayreuth immer ein klein wenig unter neben seinem Schwiegersohn Richard Wagner. Viele seiner Kompositionen werden heute kaum noch gespielt (was ich persönlich schade finde) und über sein Leben weiß man tatsächlich sehr wenig. Oliver Hilmes, der seit seiner Biographie über Cosima Wagner in gewisser Weise zum Experten der Familiengeschichte geworden ist, hat sich ihm letztes Jahr angenommen und es ist jetzt endlich mal an der zeit, euch diese fantastische Biographie vorzustellen.

Franz Liszt kommt in Österreich-Ungarn zur Welt. Seine Eltern sind der Meinung, an ihm sei ein zweiter Mozart verloren gegangen und so wird der Knabe zum gefeierten Pianisten, der in Europa auf Konzentrtournee geht. Als junger Mann ist er kein kostverächter, seine Liebschaften sind zahlreich, aber schließlich geht er ein Verhältnis mit Marie Gräfin D'Agoult ein. Die ist einige Jahre älter als er, aber den beiden macht es nichts aus. Drei Kinder gehen aus der Beziehung hervor (Cosima wird später zunächst seinen Schüler, den Dirigenen Bülow, heiraten) und werden von den Eltern mehr oder weniger gekonnt ignoriert. Im Alter wird Franz Liszt zum Abbé geweiht, er wird fromm und storbt schließlich während der Festspielsaison einen ziemlich unbemerkten und durchaus nicht wünschenswerten Tod in Bayreuth. Soweit die Fakten.

Oliver Hilmes recherchiert dieses Leben sehr genau und detailliert, er zitiert aus Briefen Liszts, aber auch aus Cosimas Tagebüchern, die das Verhältnis zu ihren Eltern etwas genauer aufzeigen. Liszt, so stellt er fest, ist ein Mann, der sehr gerne an der eigenen Legende mitstrickt und nicht davor zurückschreckt, auch mal extreme Charakterwandlungen durchzuführen. Selbst im gesetzten Alter und als Abbé schart er junge Frauen um sich, ist für viele ein gottähnliches Symbol - und das trotz der niedrigen Weihen. Er war in jeder Hinsicht ein erster Superstar einer völlig neuen Konzertwelt, die sich im 19.Jahrhundert bildete. Auch von dieser erfährt man viel. Hilmes erklärt Hintergründe und macht gelegentliche Exkurse, die helfen, die historischen Rahmenbediungen aber auch die Beweggründe der Personen mehr zu verstehen. Gerade bei der Person Liszts ist das nicht nur vonnöten, sondern der Leser muss sich auf diese Weise ein wenig mehr mit ihm beschäftigen.
Zusätzlich schreibt Hilmes nicht staubtrocken, sondern sehr locker und unterhält dadurch mit der Biographie natürlich sehr gut. gelegentlich erfreift er durchaus Partei für oder gegen Handlungen, jedoch kann man seine Position auch nachvollziehen anhand der im Vorfeld erklärten Aktionen. Wenn man nach einem passenden Adjektiv suchen würde, wäre "vergnüglich" vielleicht das beste, um den Schreibstil zu bezeichnen.

Wer gerne mal etwas über Franz Liszt erfahren möchte, sollte sich von der Seitenzahl nicht abschrecken lassen, sondern einfach loslegen - es lohnt sich.

52 Wochen, 52 Buchfragen - Woche 22

Magst du Buchhandlungen?


Was ist das denn für eine Frage? Ich meine, mal ehrlich, erwartet jetzt irgendjemand, dass ich "Nein!" antworte? Natürlich mag ich Buchhandlungen, ich liebe sie geradezu. Ich muss zugeben, ich bin nich tunbedingt der Fan von unaufgeräumten "ach, wir sind so indie"-Buchhandlungen, in denen ich mich nicht zurechtfinde, aber auch kleine Buchhandlungen haben ihren Reiz. Klar, ein Hugendubel oder ein Thalia haben eine Bandbreite, wie ich sie in der Innenstadt sonst nicht vorfinden würde, und nutzen die Gelegenheit zur Kundenbindung, ihr Lager durch Mängelexemplar-Verkäufe zu leeren. Dafür ist dort oftmals die Beratung qualitativ sehr unterschiedlich, je nachdem, ab wen man gerät. In privat betriebenen Buchhandlungen ist es eher so, dass da wirklich in erster Linie Leidenschaft bei den Buchhänderln dahintersteckt, das merkt man aber auch gelegentlich an den Schwerpunkten des Geschäfts und wenn das einfach nicht zu meinen Leseinteressen passt, werde ich dort als Kundin auch eher selten anzutreffen sein. Ich merke es an mir selbst: wenn ich einfach nur stöbern will, dann gehe ich zu Hugendubel. Suche ich explizit ein Buch, gehe ich auch meistens dorthin, weil er näher an der Wohnung liegt. Brauche ich aber Rat, welches Buch genau zu einer Person passen könnte, dann bin ich in der privaten Buchhandlung zu finden.

Samstag, 25. Mai 2013

Irene Dische - Großmama packt aus

Wenn eine Autorin eine Autobiographie schreibt, läuft sie immer Gefahr, dass man sich in zuviel Pathos verstrickt. Irene Dische umgeht diese Klippe in ihrem Buch gekonnt, denn erstens schreibt sie hier einen Roman und zweitens schnappt sie sich eine Erzählerfigur, die man hätte er finden müssen, gäbe es sie nicht in der Familie: ihre Großmutter.

Elisabeth Rother, aus rheinischem Niederadel stammend, ist alles andere als begeistert, als sie im Jenseits zusehen muss, wie ihre Enkelin die Familienjuwelen verkauft. Wo käme man denn hin, wenn jeder sowas tun würde! Großmutter packt also mal aus und erzählt von der ... nennen wir es mal turbulenten Familiengeschichte. Die beginnt mit ihr selbst, einem Mädchen, das im Gegensatz zu den Schwestern länger als fünf Minuten im Beichtstuhl verbringen muss und sich in den Kopf setzt mit Carl Rother ausgerechnet einen konvertierten jüdischen Arzt zu heiraten. Was sie auch tut. Die Ehe wird mit einer Tochter gesegnet und 1938 gelingt es der Familie gerade noch, in die USA zu emigrieren. Dort wird Renate Leichenbeschauerin und erzieht ihre beiden Kinder vornehmlich in der Pathologie - na kein Wunder, dass Irene bei den Voraussetzungen noch nichtmal einen Schulabschluss zustande bekommt.

Ich habe das Buch immer wieder kichernd und verblüfft gelesen. Kichernd, weil Elisabeth sich zu Wort meldet wie man es von einer katholischen Rheinländerin nicht erwarten würde. Kein Blatt nimmt sie vor dem Mund, kein noch so schlüpfirges Detail wird ausgelassen - und kein noch so althergebrachtes Klischee bleibt unbedient. Elisabeths Vorurteile sind perfekt eingeübt und werden selbst durch erlebte Gegenbeweise eigentlich nicht verändert werden. Standesdünkel und Vorurteile auf der einen Seite, auf der anderen Seite die Fähigkeit, auszuteilen und kein Blatt vor den Schnabel zu nehmen - Großmama ist eine brillante Figur. Überhaupt sind die Frauenfiguren in diesem Buch unglaublich gut entwickelt und werden stark cahrakterisiert, die Männer bleiben dagegen sehr blass. Aber wie stellt die Oma schon zu Beginn fest: "Dass meine Enkeltochter so schwierig ist, hängt vor allem mit Carls geringer Spermiendichte zusammen." Na wenn das nicht alles erklärt :-p

Freitag, 24. Mai 2013

Dagmar Chidolue - Flugzeiten

Ostpreußen im Jahr 1929. Bonna ist dreizehn Jahr alt und seine Familie wird von der Weltwirtschaftskrise gerade noch so verschont. Der Vater hat eine Stelle als Milchkutscher und auch, wenn das Herz nicht mehr so mitmacht, zumindest kann er seine Familie ernähren, die in der Zweizimmerwohnung stetig anwächst. Bonna selbst versucht, sich hier und da seine Privatsphäre zu sichern, aber mit fünf Geschwistern ist das schwer. Als die Nationalsozialisten die Macht ergreifen, ändert sich im Zeitpunkt, als die HJ-Abteilung zur Flieger-HJ weiterentwickelt wird. Jetzt bietet sich für Bonna die Gelegenheit, endlich das zu machen, was er immer schon machen wollte - fliegen ...

Dagmar Chidolue hat es sich mit diesem Buch nicht gerade einfach gemacht, denn der Bonna des Romans ist ihr eigener Vater, dessen Lebensgeschichte sie niedergeschrieben hat. Er konnte erst kurz vor seinem Tod darüber sprechen, warum er sich nach der HJ freiwillig zur Armee meldete. Dies lag durchaus daran, dass für ihn die HJ keine Pflichtveranstaltung war, sondern er auch hier freiwillig eingetreten war, um fliegen zu lernen. Gerade diese Angebote für Jugendliche waren ein nicht zu unterschätzendes Zugpferd und werden hier im Buch gut dargestellt. Das Problem ist dann aber auch, dass das Buch wirklich einzig und allein die Jugendlichen dargestellt, anhand Bonnas und seiner Geschwister, und man leicht das Gefühl vermittelt bekommt, dass das doch eigentlich ganz lusitg war da drin und überhaupt. Erst im Nachwort wird deutlich, dass zumindest für die größeren Jugendlichen durchaus auch klar war, dass die HJ sie auf den Krieg vorbereitet. Es war auch sehr spannend, zu erfahren, was dann bei Kriegsende mit der Familie geschah.
Insgesamt durchaus ein gutes Buch, aber man sollte ein gewisses Vorwissen mitbringen.

Ian McEwan - Am Strand

"Am Strand" ist die Geschichte eines frischverheirateten Ehepaars, das Anfang der Sechziger Jahre nach Portland fährt, um dort - nahe am titelgebenden Chesil Beach - die Ehe zu vollziehen. Eigentlich sind Florence und Edward ein schönes Paar, es knistert zwischen beiden und die Spannung vor dem ersten Mal ist kaum noch auszuhalten. Nur wird es Florence immer klarer und klarer, dass sie einfach nicht kann, dass bereits der Gednake an Sex sie abstößt ...

Mehr Inhalt verrate ich mal nicht, denn wie immer bei McEwan ist jedes weitere Wort schon zuviel. Was wieder einmal wirklich wunderbar war, war vor allem die Komposition des Romans, mit dem McEwan nicht nur die aktuellen Gemütszustände der Protagonisten beschriebt, sondern auch erklärt, wie sie zu dem wurden, was sie heute sind. So rauh wie die Küste in Portland kommen seine Sätze daher, und am Ende steht man tatsächlich da wie an einem regnerischen Tag an der Küste. Ich habe das Buch zum ersten Mal gelesen, kurz bevor ich selbst am Chesil Beach stehen konnte, und es ist tatsächlich so rauh geschrieben wie der Strand selbst wirkt. Es ist eine sehr kurze Erzählung, die hier geboten wird, und so schmerzhaft sie wirkt, so schön ist sie auch. Ich liebe McEwan, aber hier ist er wirklich auf einem Höhepunkt

Timur Vermes - Er ist wieder da

Frühling in Berlin im Jahr 2011. Auf einem leeren Grundstück in Berlin-Mitte wackt ein Mann auf und fühlt sich sehr allein. Es ist Adolf Hitler, den es plötzlich in unsere Gegenwart verschlagen hat und der zunächst mehr als irritiert ist von dieser Zeit. Bis er deren Vorteile begreift: Massenmedien, Internet, Privatfernsehen - hätte er das doch nur schon früher gehabt! Als er dann durch Zufall eine Rolle in einer Comedy-Sendung erhält, ist der Aufstieg des besten Hitler-Darstellers aller Zeiten zum Politiker fast nicht aufzuhalten.

Ich bin sehr lange um das Buch geschlichen und wusste nicht, ob ich es kaufen soll oder nicht. Ich hatte Angst vor dem, was mich erwartet, andererseits wusste ich, es kann - richtig angefangen - nur ein brillantes Buch sein. Letzten Endes habe ich es gelesen und ja, ich bin begeistert. Dieses Buch ist böse. Nicht einfach nur ein bisschen "ha, ha, komm, wir machen ein paar Hitler-Witze"-böse, sondern bitterböse, zynisch und verstörend. Timur Vermes tanzt die gesamten Seiten über auf Messers Schneide und fällt dennoch nicht. Dieser Hitler, der da am Anfang leise nach seiner Eva jammert, ist ein Demagoge reinster Güte, der es dennoch schafft, die Menschen zu begeistern und mitzureißen. Weil man ihn zunächst unterschätzt, weil man glaubt, das alles könne doch einfach nur witzig gemeint sein, und dabei völlig untergeht, was er tatsächlich will. Nicht zu vergessen, dass man gelegentlich fast zustimmend nicken möchte, allein bei der Szene, in der er die NPD-Funktionäre so dermaßen rundmacht, dass man gerne mittoben möchte - bis man sich dann wieder in Erinnerung ruft, was man hier tatsächlich liest. Das Schlimme am Buch ist nicht, dass Hitler wieder da ist - das Schlimme ist, dass er noch immer funktioniert. Mit einer bitterbösen und genialen Satire zeigt Timur Verbes, dass die Gefahr einer Demokratie nicht von auen kommt, sondern in ihr selbst versteckt sein kann. Ein großartiges Buch, das gruseln lässt udn beim Lesen wahnsinnig macht.

Adriana Altaras - Titos Brille

Adriana Altaras führt ein jüdisch-unkoscheres Leben mit zwei Söhnen und einem westfälischen Ehemann in Berlin. Doch dann sterben ihre Eltern kurz hintereinander und hinterlassen ihr eine volle Wohnung mit Erinnerungen, Krimskrams und bergeweise Zeug, dem sie nie wieder begegenen wollte. Die Ausräumarbeiten dienen ihr dazu, die Geschichte ihrer Familie niederzuschreiben, die sich zwischen Holocaust und Millennium, Jugoslawien und Deutschland, Diesseits und Jenseits abspielt.
Ich hasse Bücher, die immer wieder versuchen, bemüht locker und witzig aufzutreten und genauso kommt mir leider "Titos Brille" vor. Ich hatte gehofft, ein Buch zu lesen, das sich mit der Frage nach jüdischer Identität im 21.Jahrhundert befasst und dabei eine Antwort findet, die nicht allein in Klischees abdriftet. Genau die finde ich aber immer wieder im Buch und sie nerven dich durch ihre Penetranz. Der beste Freund, der natürlich in die Kategorie des neurotischen, am Judentum zweifelnden Juden gehört und auswandern will, sobald eine Beziehung gescheitert ist; der Ehemann, der stoisch die Abgedrehtheit seiner Frau erträgt und natürlich das große Familienfest am Ende ... hach, irgendwie kann man das Buch bestimmt ganz großartig verfilmen, allein es würde auf mich immer noch sehr bemüht nach dem Motto "So sind wir Juden halt" wirken. Es ist okay, aber man muss es nicht lesen

Andrew Taylor - Im Zeichen des Raben

Nach dem Tod seiner Mutter kommt Peter Redburne zurück in seinen Heimatort, um dort den Nachlass zu regeln. Auf dem Dachboden seines Elternhauses entdeckt er beim Stöbern einen Brief, der naheliegt, dass seine Eltern ein Geheimnis vor ihm verbargen. Darüber hianus entdeckt er alte Aufzeichnungen, die er uns sein Freund Richard im Sommer 1964 anfertigten. Damals hatte sie eine Art Rollenspiel entwickelt, "Emor" hieß die Phantasiewelt, in die sie sich zurückzogen. Während dieser Sommerferien geriet die Welt von Emor jedoch außer Kontrolle, als neue Mitspieler dazustießen und der Sommer endete in einer Katastrophe, bei der Richard starb. Könnten seine ehemaligen Kindheitsfreunde in diesen Tod verwickelt sein? Peter beschließt, Nachforschungen anzustellen ...
Ehrlich, ich mag Bücher mit Geheimnissen aus der Vergangenheit und mit Kindheitserlebnissen, die verschüttet sind. Von daher klang "Im Zeichen des Raben" nach einem idealen Buch für mich und ich habe mich regelrecht darauf gestürzt. Ich hätte es aber sein lassen sollen, denn tatsächlich ist dieses Buch meiner Meinung nach wirklich, wirklich, wirklich grottig.
Das begann bereits damit, dass ich das Personal deutlich zu groß fand. Ich habe irgendwann immer wieder den Faden verloren, wer da jetzt wer ist und wie die einzelnen Fäden zusamenhängen sollen, das fand ich mehr als nur nervig. Aber ist das schon einen Cody wert? Nein, eigentlich nicht, aber es hat ihn sich redlich verdient, nachdem ich im Laufe der Geschichte nicht mehr einfach nur genervt, sondern wirklich furchtbar gelangweilt war. Der durchaus spannende Plot verläuft sich für mich wirklich im Nirgendwo, ich verstehe kaum, was diese Erinnerungen - die ziemlich wahllos eingestreut in die Gegenwart wirken - bedeuten und wie das alles zusammenhängen soll. Ich fand es einfach nur furchtbar dämlich in der Auflösung und der allgegenwärte Rabe war irgendwie eher peinlich als Symbol als faszinierend im Sinne eines Poe'schen Nimmermehr-Krächzers. Nein, von diesem Buch hätte ich die Finger lassen sollen :-(

Peter Handke - Die Angst des Tormanns beim Elfmeter

Der Monteur Josef Bloch war früher ein bekannter Tormann. Jetzt führt er ein Leben im Alltagstrott in Wien. Als er eines Morgens zur Arbeit kommt, schaut nur einer seiner Kollegen zu ihm, woraufhin Bloch glaubt, er sei entlassen worden. Er geht zu einem Taxi, lässt sich in die Stadt fahren, steift ziellos umher, lernt eine Kinokassiererin kenne, verbringt eine Nacht mir ihr, erwürgt sie, fährt weiter in einen Grenzort und ihm wird immer mehr klar, dass er mit dem Leben um sich herum nichts mehr zu tun hat ...
So würde ich diese Erzählung Handkes zusammenfassen und ja, so distaanziert ist sie letztlich auch geschrieben. Man muss schon sehr warmwerden mit diesem Buch, das eben kein locker-flockiges Fußballkomödchen ist, wie man es vielleicht durch den Titel erwarten würde. "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter" ist eigentlich ein sehr geschickter Titel - denn wenn man sich mal in einen Torwart hineinversetzt, der den Gegner sieht und vor der Frage steht, in welche Ecke er wohl springen soll, dann steht der Mann vor einem unlösbaren Dilemma: denn natürlich denkt auch der Gegner, dass der Torwart denkt, der Gegner denkt, der Torwart denkt, der gegner denkt, der Torwart denkt die linke Ecke soll es werden - und wohin schießt man dann? So ungefähr fühlt sich Bloch in der Geschichte, das Leben um ihn herum steht still und läuft gleichzeitig in einem unebkanntn Takt, er selbst findet keinen Zugang mehr zu den Menschen und ihren Handlungen, alles erscheint seltsam, alles muss immer wieder neu sortiert und bewertet werden. In dieses Denken kann der Leser nicht eindringen, er erlebt Bloch ebenfalls nur von außen und muss dessen irrationales Handeln erklären und seine Motive rekonstruieren. Das Buch ist eine wahnsinnige Herausforderung beim Lesen, irgendwann habe ich es aufgegeben, es völlig verstehen zu wollen und mich einfach nur auf Handkes bodenständigen Erzählfluss eingelassen, der ohne Schnörkel und ohne Tamtam von einem Mann erzählt, der an der Welt um ihn herum scheitern muss. Wenn man mal wieder gehobene moderne Literatur lesen will, dann sollte man in Erwägung ziehen, zu Handke zu greifen :-)

Pünktlich zu den Ferien ...

Ich werde noch wahnsinnig. Seit Weihnachten bin ich pünktlich zu Ferienbeginn krank. Das kann nicht mehr am Immunsystem liegen, das liegt einfach nur an der Tatsache, dass pünktlich zu den Ferien die Kältewelle kommt und mich überrollt. Und so liege ich auch heute wieder auf der Couch und ernähre mich dank zugeschwollenem Halses von Süppchen und Kräutertee, jammere nach meinem Mann und Büchern, verbrauche hunderte von Taschentüchern und fluche dem verdammten Wetter. Es wäre ja auch zu schön gewesen, diese Ferien tatsächlich mal wie geplant ins Freibad gehen zu können ]:-| Und dann hieß es gerade, in der Nacht auf Samstag sei mit Bodenfrost zu rechnen. BODENFROST. Ende Mai! Verdammt, die Erde sollte nochmal nachschlagen, was Erderwärmung bedeutet ... Aber schön, dann nutze ich den Tag wenigstens mal, meine Blogbeiträge aufzuräumen. Hier warten ungefähr siebzig Rezensionen, die ich überarbeiten und freischalten kann - du hast es nicht anders gewollt, Schnupfen! Aber zuerst vielleicht doch eine Runde Hühnernudelsuppe für alle?

Donnerstag, 23. Mai 2013

Erin Hart - Die Frau im Moor

ACHTUNG, DIE FOLGENDE REZENSION ENTHÄLZ SPOILER!!!
Ein exqusiter Mix aus Crime, Sex und Lokalgeschehen machen den Roman, der in Irland, genauer im County Galway an der Westküste spielt, zu einem Text,
der einmal angefangen, schwer wieder aus den Händen zu legen ist. Er wird wohl meist Nachts oder Sonntags von LeserInnen verschlungen, ev. mit einem gelegentlichen Gang zum Kühlschrank oder Klo unterbrochen.

So sprach der amazon-Kritiker. Wow, dachte ich, das klingt doch mal echt spannend - ein echter Thriller, der was hermacht auf dem Nachtkästchen. Also habe ich das Buch doch noch gelesen, nachdem ich es fast zwei Monate lang auf dem Bibliotheksstapel abgelegt hatte und irgendwie doch nicht ranwollte.
Um es kurz zu machen: der Gang zum Kühlschrank war das Highlight bei der Lektüre...

  Hart führt uns
nahe an die Figuren heran, so dass wir aus nächster Nähe miterleben, wie
sich der frisch gestochene Torf anfühlt, wie er riecht fast......
 
Äh... ja ... nahe heranführen ... damit muss gemeint sein, dass Frau Hart es schafft, jedem unebdeutetenden Detail noch mindestens zwei Seiten im Buch Platz verschaffen zu wollen. Oder dieses grausame Hin und Her "oh, er hat mich angefasst ... huch, sie hat mir in die Augen gesehen ... ups, er hat gelächelt"-Getue, das wohl die tiefe Liebe der Hauptpersonen darstellen möchte, mich aber letzten Ende nur noch genervt hat und meinen Mann nachhaltig irritierte, als er plötzlich vom Sofa den Satz "Dann fick sie doch endlich" hören musste.

Mit viel Wissen um
die Irische Kultur ausgestattet, zeigt uns Erin Hart das ländlich-beschauliche Leben der DorfbewohnerInnen, nicht ohne das obligate „Big House" zu vergessen, das in Irland zur Landschaft gehört und das sie mit viel Gefühl in einen aktuellen Kontext setzt zu den Geschehnissen im Roman.


Und wie. Da wird gefidelt und gedudelsackt, getrötet und geblasen, was das Zeug hört. Man meint beim Lesen gradezu, dass gleich die Tür aufgeht und die gesamte "Lord of the Dance"-Truppe reinhüpft. Bloß bringt das nicht sonderlich viel Spannung in die schon so oder so dröge Story.

  Meisterhaft verwebt
sie die Vorkommnisse zu einem gekonnten Ablauf, so dass man kaum das Buch aus der Hand legen kann, ohne wenigstens den Abschnitt fertig gelesen zu haben.
 
Och, doch, das schafft man ganz gut. Speziell dann, wenn sich in der Geschichte mal wieder so gar nichts tun will und doch wieder nur drei Seiten lang irische Lieder rezitiert werden oder der nächste Typ seine Fidel oder wahlweise seine Flöte auspackt ...

 
Erin Harts Erstling: „Die Frau im Moor" darf als gelungen betrachtet werden. Zum Schluss geht die Fabulierlust etwas mit ihr durch, was dem Roman jedoch keinen Abbruch tut, weil wir damit schon fast am Ende sind.
 
Das Wort "fast" ist hier entscheidend. Eigentlich wollte Frau Hart einen Krimi schreiben über eine verschwundene Fau und ihren verschwundenen Sohn. Dass der Leser schon nach etwa vierzig Seiten ziemlich genau weiß, wer der Täter ist, könnte daran liegen, dass nur folgende Personen in Frage kommen:
1) der mysteriöse, einsiedlerische Nachbar, der den ganzen Roman über nur zehn Sätze spricht
2) die Cousine des Hausherren, deren Motiv bereits auf Seite vierzig deutlich geschildert wird, die sich den gesamten Roman über "unverdächtig verdächtig" benehmen darf (plötzliches Auftreten aus dem Hintergrund, seltsames Benehmen, willkürliche Lügen) samt ihrem alkoholabhängigen minderjährigen Filius, über deren Köpfen gadezu mit Leuchtschrift die Worte "Sie waren's, sie waren's" blinken

Na, wer ist es wohl?

Der Mörder ist also schnell enttarnt, aber vierzig Seiten machen noch keinen Krimi aus, dachte sich Frau Hart vermutlich. Also musste noch was anderes in den Roman. Dieses "andere" ist der Kopf einer Moorleiche, die von einem Archäologen und einer amerikansichen Pathologin (die als Spezialgebiet "Moorleichen" hat, was entweder darauf schließen lässt, dass die Autorin selbst nicht so richtig den unterschied zwischen Pathologie und Rechtsmedizin kennt, oder einfach was anderes als Archäologie reinpacken wollte) untersucht wird. Die Amerikanerin hat eine Vielzahl persönlicher Probleme, von denen "Hilfe, mein Schwager hat ganz bestimmt meine Schwester umgebracht, ich kann es zwar nicht beweisen und niemand glaubt es, aber es ist ganz bestimmt so" das für den Fall relevanteste ist. Deshalb hat sie sich auch in den Kopf gesetzt, der Moorleiche eine Geschichte zu verpassen - und da kommen wir zum langweiligen Exkurs in die irische Geschichte, der immer mal dazwischengepackt wird, wenn der alkoholkranke Filius und seine Mommy sich nicht grade unverdächtig benehmen oder der ermittelnde Detective auf seiner Fidel spielt. Es ist ermüdend, wie versucht wird, eine relativ unspektaktuläre Moorleiche zur "Liebessensation" zu stilisieren, denn natürlich wurde die Frau wegen Kindsmords enthauptet, aber in Wirklichkeit - das die Fabulierlust, von der der begeisterte amazon-Kritiker spricht - war es ja gar nicht ihr Kind, nein, das wurde von einem bösen Pfarrer im Kindsbett vertauscht, damit die Mutter des einzigen Erben des Landsitzes in ihren letzten Stunden das Gefühl erhält, ein gesundes Kind geboren zu haben, und deshalb ist der heutige Erbe dieses Hauses nicht etwa ein Nachfahre des bösen englischen Unterdrückers, sondern in Wahrheit direkter Nachfahre des irischen Freiheitskämpfers, der seinen Kampf mit Deportation und Tod (und, wen wundert's, einem eigenen fidelen Liedchen) bezahlt hat *schwülstige irische musik vor grüner landschaft einspiel* Wahnsinn. Und Schwachsinn, der bereits wieder in die Bibliothek zurückgewandert ist

Alison Prince - Orangen, Mörder und ein Buch

London in den 1850er Jahren. Der 13jährige Joey arbeitet gemeinsam mit seinem Stiefvater Locke als Obstverkäufer und ernährt damit die Familie. Dass Locke ein Trinker und Gelegenheitsspieler ist, ist für Joey Normalität, doch nach einem handfesten Streit entschließt er sich, Locke zu verlassen und sich selbstständig zu machen. Gemeinsam mit der elfjährigen Rose versucht er, ein Geschäft auf die Beine zu stellen und verdient schließlich sogar so viel, um privaten Schreibunterricht zu nehmen. Bis er eines Tages seinen Lehrer ermordet auffindet und beim Verlassen des Tatort beobachtet wird - wer wird schon einem mittellosen Jungen glauben? Doch zum Glück hat Joey in der Händlergilde auch Freunde, die ihn unterstützen ...
Ich hatte das Buch in der Bibliothek entdeckt und eingesteckt, weil ich dachte, dass es durchaus eine nette und ansprechende Lektüre sein könnte. Ich sollte dazu sagen, dass ich ein ziemlicher Fan von Charles Dickens bin und meine Kinder später in jedem Fall mit ihm bekannt machen werde. Von daher hatte ich gehofft, hier ein Buch vorzufinden, das ein Dickens-Geschichte erzählt, ohne komplett sprachlich zu überfordern. Allerdings ist dieses Buch meiner Meinung nach nur ein müder Versuch, stereotype Dickens-Ideen zu kombinieren, die insgesamt aber nicht wirklich wirken. Leider sind die Figuren einfach nicht so richtig ausgearbeitet, sie tauchen einfach nur auf und machen genau das, was man von ihnen erwartet. Selbst bei Jugnedliteratur erwarte ich heute einfach mehr als solche Abziehbildchen, von daher hat mich das Buch wirklich enttäuscht.

Ponines Bücher-ABC - B wie Badewannen, Betten und Bahnabteile

Natürlich läge es nahe, bei B einfach nur Bücher zu wählen. Aber mal ehrlich, wozu wäre dann dieser Blog nütze? Zu nichts, befürchte ich, und deshalb habe ich ein seltsames, jedoch beruhigendes Buch-Thema erwählte - meine bevorzugten Leseorte (und oh Wunder, selbst hier taucht ein "b" auf :-p )

Als Kind habe ich beim Baden immer Kassette gehört. Ich erinnere mich noch sehr gut an diesen dunkelpinken Kassetten- und Radiorekorder mit den Ducktales drauf, auf dem man auch so herrliche Hörspiele aufnehmen konnte. Obwohl ich Angst hatte, beim Ausschalten einen Stromschlag zu bekommen, habe ich den Rekorder in größtmöglichem Abstand zur Badewanne geparkt (einmal quer durchs Badezimmer dürfte reichen) und tauchte für eine Folge Bibi Blocksberg oder sonstiges ab. Als ich etwa zehn wurde, hat sich das aber radikal geändert, seitdem bin ich überzeugter Badewannenleser. Es hat extrem viele Vorteile, sich mit einem Buch in die Wanne zurückzuziehen - vor allem aber: dort bin ich ungestört und mit nichts anderem beschäftigt als purem Lesen. Allerdings lese ich in der Badewanne eher seichte Lektüre, da ich dazu neige, beim Lesen im warmen Wasser ein wenig einzunicken. Als Sicherheit für arme Bücher habe ich inzwischen ein Badewannentablett angeschafft, welches sich nicht nur in regem Gebrauch befindet, sondern mir erlaubt, meiner Lust auf Schokolade beim Baden nachzugehen :-)
Da ich allerding szur Gattung der gemeinen Leseratte gehöre, genügt eine Badewanne allein nicht. Ich bin vor allem Bettleser, nicht zuletzt, weil mein Mann gerne die Couch beschlagnahmt und ich nicht gerne im Sitzen lese. Also gehe ich einfach ein Zimmer weiter und lege mich aufs Bett, schnappe mir ein Buch und bin quasi weg. Da unser Wohnzimmer Durchgangszimmer zum Schlafzimmer ist, bin ich trotzdem in der Lage, am Alltagsleben teilzunehmen und parallel den Fernseher zu hören, aber das ist eigentlich nur ein netter Nebeneffekt. Ich kann nämlich hervorragend störende Geräusche ausblenden, sobald ich ein Buch vor der Nase habe. Das liegt an meinen prägenden Lesesituationen seit meinem elften Lebensjahr - seitdem mussteich jeden Tag 30 Minutne mit dem Bus zur Schule fahren und wieder zurück. Da ich nach dem Abi auch noch in einer anderen Stadt studiert habe und jedes Wochenende nach Hause gependelt bin, habe ich keinerlei Probleme damit, in sich bewegenden Objekten zu lesen - mit Ausnahme von Flugzeugen, wobei ich glaube, dass da die Höhe eine Rolle spielt. Auf Bahnfahrten habe ich prinzipiell ein Buch in der Tasche und ein zweites als Reserve dabei (und wenn nicht, hoffe ich auf eine einigermaßen ausgestattete Bahnhofsbuchhandlung), nur um Sicherzugehen. So lange kein Kind mit Abfalleimern im zug spielt, kann ich damit selbst im überfüllten ICE alles um mich herum vergessen ;-)

Dienstag, 21. Mai 2013

Pierre Bellemare - Unglaubliche Geschichten


Vor einigen Tagen war ich morgens zu Hause und habe den Fernseher eingeschaltet. Auf RTL2 lief „X-Faktor“, erinnert sich noch jemand an diese Serie? Nein, ich spreche nicht vom Superstar-Format, sondern von dieser Serie, in der mysteriöse Geschichten präsentiert wurden und man raten konnte, ob sie wahr oder erfunden sind. Als ich 13 war, ungefähr jedenfalls, war ich völlig süchtig nach dieser Serie und habe zu Weihnachten von meiner Tante Bücher bekommen, die in eine ähnliche Richtung gehen: „Unglaubliche Geschichten“ von Pierre Bellemare.
Bellemare war Journalist und wertete für eine Radiosendung Meldungen aus vor allem französischen Zeitungen aus, in denen von großen Zufällen oder kuriosen Begebenheiten die Rede war. In „Unglaubliche Geschichten“, einer wöchentlichen Radiosendung, wurde dann eines dieser Ereignisse erzählt, die Sammlung wurde später in mehreren Büchern veröffentlicht. Die Bücher, die ich besaß, liegen im Moment im Regal meiner Cousine und auf dem Dachboden meiner Eltern, aber ich glaube, ich muss sie wieder einmal lesen. An viele Geschichten erinnere ich mich noch ziemlich gut, etwa die des Mannes, der zum Tode verurteilt wurde und einfach nicht zu hängen war, obwohl man es vier- oder fünfmal versuchte. Oder die eines anderen zum Tode Verurteilten, der zwischen seiner Verurteilung und der Hinrichtung an seinen kleinen Sohn Briefe schrieb, die ´diesem dann Monat für Monat vom Wärter geschickt wurden. Nicht zu vergessen der Teppich mit dem ekligen und immer wiederkehrenden Schleimpilz, den ein Paar in seiner neuen Wohnung nicht los wurde oder das spurlose Verschwinden einer französischen Armeeeinheit im Algerienkrieg.
Was mir an den Büchern abgesehen vom unheimlichen Element so gefallen hat, war eindeutig Bellemares Erzählstil. Sehr ruhig und dennoch spannend, glaubwürdig und ohne zu sehr auf die "es gibt mehr Ding im Himmel und auf Erden ..."-Schiene zu geraten. Natürlich spielt der Zufall eine Rolle, natürlich weiß man nicht immer, was man von diesen Erlebnissen halten soll, und im Nachhinein betrachtet fehlt mir doch irgendeine genauere Quellenangabe, aber letztlich spielt das keine Rolle. Für den leichten Grusel an Sommernachmittagen im Schwimmbad sind diese Bücher einfach nur perfekt :-)


 

Montag, 20. Mai 2013

52 Wochen, 52 Buchfragen - Woche 21

Nähern wir uns wirklich schon dem Bergfest? Es kommt mir gar nicht so lange vor und jetzt ist schon wieder fast ein halbes Jahr vorbei, in dem ich so viel gebloggt habe wie noch nie zuvor, in dem ich euch Leser gewonnen habe und mir einmal pro Woche Gedanken über Bücher mache ...

Hast du schon einmal schlechte Erfahrungen mit geliehenen oder gebraucht gekauften Büchern gemacht?

Ja, natürlich. Und zwart ausgerechnet mit einem bei medimops gekauften Buch. Der "sehr gute Zustand" war gleichbedeutend mit "ekliges Dreckding, das ich nicht mit der Kneifzange anfassen möchte". Das war eins der Bücher, die ich ehrlich entsorgt habe, weil es einfach eklig war und ich auch keine Lust hatte, mich erst wieder mit medimops auseinanderzusetzen.
Ählich war mal ein geliehenes Buch von einer Bekannten. Ich sollte an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass ich ein vermindertes Geruchsempfinden habe und nur ungefähr 15% dessen wahrnehme, was eine andere Person riechen würde. Dennoch ist mir bei diesem Buch wirklich schlecht geworden beim Lesen, weil sie Seiten so extrem nach kalten Rauch gestunken haben. Seit diesem Erlebnis bin ich bei ausgeliehenen Büchern extrem pingelig und halte mir zum Teil sogar in der Bücherei ein Buch erstmal probehalber an die Nase.

Donnerstag, 16. Mai 2013

Ponines Bücher-ABC - A wie Anfang

Um auch weiter regelmäßig zu posten, habe ich mich dazu entschlossen, den Donnerstag unter den Titel des Bücher-ABCs zu stellen. Das bedeutet, ich werde hier einmal pro Woche einen Buchstaben verwenden, um meine bescheidene Meinung zu buchrelevanten Themen kundzutun. Dieses Mal mach ich es mir einfach, denn ich starte mit

A wie Anfang

Was macht eigentlich einen guten Buchanfang aus? Enid Blyton hat ihre Bücher gerne mit einer wörtlichen Rede begonnen, ist euch das schonmal aufgefallen? Als Schülerin habe ich das in Aufsätzen gerne kopiert. Es ist aber auch praktisch, der Leser ist sofort drin in der Handlung und hat das Gefühl, dabei zu sein. Erzählende Einstiege sind da schon ein wenig schwieriger, es kann passieren, dass sich der Autor ein wenig verzettelt. So bin ich z.B. nie über den Anfang von "Mein Herz so weiß" hinausgegangen, weil ich nie über die zweite Seite hinausgekommen bin - dort beschreibt mir der Autor zum dritten Mal den Selbstmord einer Frau ... Lustigerweise kenne ich bislang niemanden, der es weiter geschafft hat.
Habt ihr Lieblingsanfänge in Büchern? Ein großartiges, allerdings wirklich zermürbendes Buch der Buchanfänge ist "Wenn ein Reisender in einer Winternacht", wobei mich das wahnsinng gemacht hat in gewisser Weise. Wer es nicht kennt, dem verderbe ich jetzt nicht die Lesefreude, wer es kennt, weiß vielleicht, was ich meine. Am Anfang eines Kapitels finde ich ein Zitat ganz schön, vorausgesetzt, es bezieht sich tatsächlich auf das Kapitel - in "Tintenherz" ist das großartig gelungen, es macht richtig Spaß, sich in diese Zitate zu vertiefen und dadurch Lesestoff abzuspeichern. Aber zu Zitaten haben wir ja noch einen anderen Buchstaben ;-)
2007 wurde auf Initiative der Stiftung Lesen der "schönste erste Satz" der deutschen Literatur gewählt. Gewonnen hat Günter Grass mit "Der Butt". Ich muss sagen, je öfter ich den ersten Satz lese, desto mehr steht das Buch wieder bei mir auf dem Plan. Denn der Satz lautet:
 
„Ilsebill salzte nach.“
 
Wenn das nicht Lust auf mehr macht :-) In diesem Sinne verabschiede ich mich für diese Woche und überlege mir etwas für den Buchstaben B ... Doch nicht etwas Bücher, oder?

Dienstag, 14. Mai 2013

Josh Lieb - Ich bin ein Genie und unsagbar böse

Oliver Watson ist zwölf Jahre alt, ein bisschen zu dick und ein bisschen zu uncool. Und er besitzt den IQ des gegrillten Käsesandwiches, das ihm seine Mutter als Nachmittagssnack zubereitet. Zumindest ist das der Eindruck, den man von Oliver hat - und der trügt. Denn in Wirklichkeit ist Oliver der dreittreichste und intelligenteste Mensch der Welt und Chef eines internationalen Unternehmensrings, der offiziell durch einen von ihm ausgewählten alten Herrn geführt wird. Bloß, dass all diese Macht Oliver nicht wirklich befriedigt - denn tatsächlich will er das, was jeder Zwölfjährige will: die Achtung seines Vaters. Dumm nur, dass der sich so überhaupt nicht um seinen Sohn kümmert. Aber jetzt stehen in der Schule die Wahlen zum Jahrgangssprecher an - und es wäre doch ein Klacks für Oliver, würde er da nicht gewinnen ...
Mir hat Oliver beim Lesen wirklich verdammt Leid getan. Weniger in den total absurden Szenen, in denen er mit den täglichen problemen eines Pubertierenden zu kämpfen hat, der gleichzeitig cleverer ist als alle anderen, sondern vor allem in den Szenen mit seinem Vater. Hier ist Josh Lieb nicht nur ein bisschen böse, sondern wird richtig heftig. Wenn man als Leser Zeuge wird, wie der Vater vor den Ohren seines kleinen Sohns am telefon erklärt, er wünschte sich, keine Familie zu ahben, weil die für ihn eine Last ist - das ist harter Tobak und macht Olivers Versuche, seinem Vater endlich, endlcih nur ein einziges Mal ein Lob abzuringen, nur noch verzweifelter. Abgesehen von diesen Szenen ist das Buch aber vor allem eins: unglaublich witzig. Bedingt durch sein Vermögen stehen Oliver natürlich Arsenale an Möglichkeiten zur Verfügung, den Wahlkampf nach seinem Gusto zu manipulieren. Und so wird dann auch mal eine echte spin doctor angeheuert, um seinen Herausforderer zu pimpen, damit Olivers Sieg tatsächlich zum Sieg wird; Olivers unbekannte Personenschützer laufen zu Höchstformen auf und es wird bewiesen, dass man eine Kampfmaschine als dauersabbernden Hund tarnen kann. Diese völlig anarchischen gags und Ideen machen das Buch wirklich lesenswert, allerdings sollte man Olivers Gefühlslage wirklich ein bisschen genauer unter die Lupe nehmen

Wiley Cash - Fürchtet euch

Marshall, ein abgeschiedener Ort in North Carolina. Die Einwohner sind zum großen Teil teifreligiöse Tabakbauern, die versuchen, über die Runden zu kommen. Dominiert wird der Ort von der Kirche, respektive ihrem Stellvertreter, der Prediger Carson Chambliss. Dass er in seinen Gottesdiensten regelmäßig Menschen giftige Substanzen trinken oder mit Giftschlangen schmusen lässt, weiß man, ignoriert es aber so weit wie möglich. Doch nun ist Wegschauen nicht mehr möglich. Der dreizehnjährige Christopher, der sein ganzes Leben noch nicht gesprochen hat, liegt am Ende eines Gottesdienstes tot in der Kirche - eigentlich hätte er geheilt werden sollen ...
Ehrlich gesagt, dieser Bible Belt in den USA löst in mir immer ein undefiniertes Gefühl des Bedrohlichen aus. Ich kann gar nicht genau sagen, woran es liegt - sind mir tiefreligiöse, die Bibel so wörtlich nehmende Menschen einfach nur unheimlich? Oder ist es diese Absurdität von Massengottesdiensten und Predigern, die wie Showmoderatoren auftreten, die mein puritanisch-deutsches Herzchen aus dem Takt bringen? Was es auch sein mag, ich interessiere mich dennoch unheimlich für diese Religionsüberschüsse. Dementsprechend habe ich sofort zugegriffen, als mir am Bahnhof ein Exemplar von "Fürchtet euch" förmlich entgegengesprungen ist. Außerdem hatte ich mal wieder ein bisschen Lust auf Abwechslung von Krimis und bin dann tatsächlich durch Zufall bei einem ziemlich guten Stück Literatur gelandet ;-)
Wiley Cash ist ein verdammt guter Erzähler. Der Roman wird im Perspektivenwechsel von Christophers Bruder Jess, der ehemaligen Hebamme und Sonntagsschullehrerin Adelaide Lyle und dem Sherrif Clem Barefield erzählt. Alle haben eine unverwechselbare Erzählstimme, die aber dennoch alle eine sehr dichte und bildhafte Sprache gemeinsam haben. Gut, das letzte Kapitel mit einer doch sehr amerikanischen Predigt über Gott und Vergebung hätte es nicht gebraucht, doch bis dahin wird der Leser Stück für Stück mehr in ein sich langsam entwicklendes Desaster begleitet, das nahezu ausweglos erscheint. Die Macht des Predigers, die drei-Affen-Mentalität der Einwohner und die ungelösten Konflikte zwischen den Protagonisten sind es, die dass Buch trotz der sehr langsamen Erzählweise so spannend machen. Ich habe wirklich beim Lesen vergessen, wieviele Seiten ich schon hinter mir habe und war dann überrascht, als das Buch plötzlich zu Ende war. Sicher, man hätte da auch einen doppelt so langen Roman draus machen können, der dann wirklich tief in diesen amerikanischen Religionsgeist eindringt, aber ich findde, "Fürchtet euch" ist zumindest ein guter Ansatz, den ich wirklich empfehlen möchte.

Montag, 13. Mai 2013

52 Wochen, 52 Buchfragen - Woche 20

Es ist eigentlich sehr lustig, dass ausgerechnet diese Woche diese Inspiration auftaucht, denn genau darüber habe ich an Himmelfahrt mit meiner Schwester diskutiert :-)

Ein Buch an das du dich auch noch nach ewigen Zeiten erinnern kannst.

Alles begann damit, dass meine Schwester mich eingeladen hat, den Feiertag beim Streichen des Kinderzimmers meiner Nichte zu helfen. Dieses Zimmer war früher das Kinderzimmer meiner Schwester, danach war es kurzzeitig mein Zimmer, bis ich endgültig zu Hause ausgezogen bin. Beim Streichen haben wir hinter der Holzverkleidung etwas gefunden, was seit Jahren dort gelegen haben muss: eine kleine Fledermaus aus Papier. und sofort war die Erinnerung wieder da. An das schauerlichste Geistergeschichtenbuch unserer Kindheit:

 
Leselöwen war eine wundervolle Buchreihe mit kurzen Geschichten für Grundschüler. Die Geschichten waren thematisch geordnet und es gab so ziemlich für jeden Geschmack etwas. Eins der ersten, das ich besaß, waren die "Trau dich"-Geschichten. Das "Geisterschloß" wurde sogar mit einem Pappaufsteller geliefert, der das Schloss darstellte, sowie einigen Figuren, die in den Geschichten auftauchten. Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt. Jede Nacht, wenn die Turmuhr schlägt, treffen sich in der Ruine die Geister und erzählen sich gegenseitig Gruselgeschichten. Es gibt verschiedene Gruselgestalten, vom Vampir über die Weiße Frau bis zum Werwolf, und jeder erzählt Geschichten nach seinem persönlichen Geschmack. Besonders gut erinnere ich mich an die Geschichte vom Blaufuchspelz, den sich die Ehefrau eines reichen Mannes wünscht. Er kauft ihn ihr nie und aus Trotz geht sie auf einen Ball ohne jeden Mantel, erkältet sich und stirbt. Nach angemessener Trauerzeit heiratet der Mann erneut und diesmal kauft er seiner Frau einen Blaufuchspelz, den sie voller Begeisterung zu einem Ball trägt. Auf der Rückfahrt irritiert ihn das Vehralten seiner Frau, bis er irgendwann den Pelz genauer betrachtet und feststellt, dass darin der Geist seiner ersten Frau steckt statt seine zweite Frau. Nachhaltig beeindruckend war die Geschichte der Puppe Mirabell, die sich in ein lebendiges Mädchen verwandelt und ihre Besitzerin austauscht. Und dergleichen Geschichten mehr ...
 
Ich weiß noch, dass das Buch nicht nur gruselig bis zum gehtnichtmehr war, sondern so einen schönen Schauer verbreitete. Die Geschichten waren spannend geschrieben, ungeheuer fesselnd und ich schwöre, dass ich dieses Buch nie nachts gelesen habe. Dabei war es nicht so, dass ich davon Alpträume bekommen hätte, aber es war ein Sichergehen für alle Fälle ;-)  

Sonntag, 12. Mai 2013

Wochenrückblick


Nein, ich habe es nicht vergessen, ich hatte nur noch einiges zu tun und kann den Post natürlich erst Sonntag fertigmachen, enn ich nicht schummeln will. Diese Woche stand ebenfalls unter einen Motto: Prokrastination für Fortgeschrittene.
Eigentlich müsste ich ja lernen und wie ihr sehen könnt, tue ich das sogar - den halben Feiertag habe ich im Park verbracht und ganz brav meine Notizen durchgelesen. Aber wirklich gelernt? Ich weiß einfach nicht was. Das Schlimme ist, ich bin einfach der Meinung, dass das schon irgendwie klappt, dass ich mir das meiste aus den Fingern saugen kann. Diese Gedanken kann ich grade einfach nicht abstellen, vielleicht, weil ich die Schnauze voll habe vom Lernen und eigentlich grade auf einen sehr wichtigen Anruf bezüglich meines künftigen Berufs warte ... Die restliche Zeit außerhalb der Schule habe ich mit allem verbracht, was nicht bildet. Ich habe zum Beispiel meinen Mann zum Schlussvorstellungs-Dinner begleitet, dazu hatte ich zur Abwechslung mal eine selbstgemachte Hochsteckfrisur. Er spielt seit diesem Jahr Theater und gestern war die letzte Vorstellung, danach gab es ein wundervolles kaltes Buffet und jede Menge lustige Anekdoten und Co. mit den ganzen Schauspielern - dass ich jemals eine Dozentin von mir duzen würde, hätte ich auch nicht direkt gedacht :-p Den Feiertagsnachmittag habe ich mit meiner Nichte im Erfahrungsfeld der Sinne verbracht. Das Motto dieses Jahr sind Farben und so sind jede Menge Stationen darauf ausgerichtet, Farben zu erleben - riesige Kaleidoskope inklusive. Meine Nichte stand allerdings vor allem im begehbaren Bienenstock und hat völlig fasziniert zugeschaut, wie dort Honigwaben entstehen. Ich muss gestehen, mir ging es ebenso - dieses Bienengewimmel hatte etwas Beruhigendes und Faszinierendes. Außerdem war ich in der neuen Sonderausstellung des Dokuzentrums und habe mich in die Ausstellungsvitrinen verliebt. Es sind einfache Billys, die mit Leuchtdioden beklebt wurden und mit einer bedruckten Glasplatte versehen sind. Ganz ausstellungstechnisch sind da natürlich vor allem Informationen darauf abgedruckt, aber es sieht einfach sehr toll aus - ich sollte mich mal mit den Technikern in Verbindung setzen, was nach der Ausstellung damit geplant ist ;-)  Das sind Gedanken, die mich in die nächste Woche begleiten, nicht, wie zur Hölle die neue Bildungsministerin heißt ;-)

Freitag, 10. Mai 2013

Tess Gerritsen - Grabkammer

Maura Isles hat die Einladung erhalten, bei der Röntgenuntersuchung einer Mumie dabeizusein. Madame X, wie die 2500 Jahre alte Ägypterin genannt wird, ist zufällig in den Beständen eines Bostoner Privatmuseums gefunden worden. Interessanterweise fördern die Röntgenstrahlen eine Kugel im Bein der Mumie zutage - handelt es sich wirklich um eine Fälschung? Als dann auch noch im Museum drei Schrumpfköpfe entdeckt werden, die ebenfalls frisch hergestellt wurden, ist klar, dass Rizzoli und Isles es mit einem perfiden Mörder zu tun haben. Und er scheint es auf die junge Archäologin Josephine Castillo abgesehen zu haben, die im Museum arbeitet ...

Ich hab mir das Buch neulich ganz spontan bei real gekauft (verflucht seien die Mängelexemplar-Ständer) und für die Badewanne bereitgelegt. Da ich zur Zeit eigentlich lernen sollte statt zu lesen, habe ich es dann einfach schnell verschlungen :-) Es ist eine ganz spannende Geschichte über Vergangenheit und düstere Einflüsse, ein sehr, sehr absonderlicher Mörder mit schaurigen Mordmethoden. Außerdem gehen die Handlungsstränge um Isles und ihren Pater ein wenig weiter, was natürlich auch interessant ist. Einziges Haar in der Suppe war für mich, dass die gesamte Geschichte schon stark an den Haaren herbeigezogen wirkt. Kleine Logikfehler und Schwächen in der Handlung sollte man einfach hinnehmen können, dann ist man mit diesem Band der Serie durchauch gut bedient.

Montag, 6. Mai 2013

Alan Bradley - Mord ist kein Kinderspiel

Bei einem Ausflug auf den Friedhof trifft Flavia auf zwei interessante Personen. Nialla und Rupert sind mit ihrem Puppentheater auf Reisen und treten bei der BBC auf - und genau im beschaulichen Bishop's Lacey ist ihr Auto kaputt. Der Vikar lässt es sich nicht entgehen, die beiden direkt zu einem Theaterabend zu verpflichten, der allerdings in einem Fiasko endet: Ruperts Leiche fällt mitten in der Vorstellung auf die Bühne. Flavia findet schnell heraus, dass hier jemand die Stromleitungen manipuliert hat, die in der Bühne angebracht sind - aber warum? Bei ihren Nachforschungen stößt sie auf einen Todesfall, der bereits einige Jahre zurückliegt. Kann wirklich der Unfall des fünfjährigen Robin mit dem aktuellen Mord in Zusammenhang stehen?
Ich habe ja erst vor kurzem "Mord im Gurkenbeet" verlose und hier liegt nun Flavias zweiter Fall vor mir, den ich wirklich verschlungen habe. Man muss sich wirklich einlesen in diese Serie, denn so ganz leicht macht es Alan Bradley seinen Lesern nicht.
Man muss erstens Sinn für traditionelle Kimis haben (nicht zuletzt, weil Flavias Abenteuer in den Fünfzigern angesiedelt sind und auf charmante Weise altmodisch daher kommen), zweitens tut es auch gut, englischen Humor zu schätzen. Vor allem sollte man aber auch rabenschwarze Ideen mögen, denn das Haus de Luce ist, gelinde gesagt, anders. Flavia mischt hingebungsvoll Gifte für ihre Schwestern (die ihr im gegenzug einzureden versuchen, adoptiert zu sein), der Vater ist außerhalb seiner Briefmarkensammlung geistig nahezu abwesend, und der Butler leidet unter verschiedenen Kriegstraumata. Diese Figuren sind unterwegs in einem so bezaubernden englischen Städtchen, dass man dort kaum Böses vermutet - und genau deshalb sind Flavias Nachforschungen so erfrischend anders. Flavia manipuliert gerne, analysiert mit chemischem Sachverstand und liefert am Ende völlig selbstverständlich einen Täter, der nicht nur logisch erscheint, sondern auch erkennbar wäre.
Ich mochte das Buch. Es hat mich erkennbar gut vom Lernen abgehalten, hat mich dabei aber blendend unterhalten. Ich finde es fast besser als den ersten Teil und eine sehr gelungene Fortsetzung.

52 Wochen, 52 Buchfragen - Woche 19

Könntest du Bücher in der Tonne entsorgen?


Ich werde mir jetzt den Hass der Bücherfreunde zuziehen, wenn ich antworte: Ja, wieso auch nicht?

Aber natürlich kann ich das auch etwas genauer erklären ;-)

Bücher sind für mich nette Freizeitbeschäftigung, von der ich nicht genug bekommen kann. Aber sie sind auch Gebrauchsgegenstände. Und genauso, wie mein Fernseher vor ein paar Monaten seinen Geist aufgegeben hat, kann das auch einem Buch passieren. Bücher können kaputt gehen, sie können ihren Aktualitätsanspruch verlieren - und ehrlich gesagt, wozu sollte ich Bücher aufbewahren, die ich definitiv nicht mehr lese und die ich auch nicht los werde, weil sie niemand haben möchte? Natürlich könnte ich sie noch gratis einfach irgendwo liegenlassen, aber meine langjährigen Bookcrossing-Erfahrungen zeigen: diese Bücher wandern meistens eben doch einfach in die Tonne und sonst nirgendwo hin. Von daher spricht für mich nichts dagegen, Bücher, deren Lebensdauer einfach erreicht ist, direkt zu entsorgen.

Sonntag, 5. Mai 2013

Wochenrückblick


Sonderlich viel Berichtenswertes gibt es diese Woche tatsächlich nicht. Am Mittwoch war ich mit meinem Mann spontan im Kino in "Lincoln". Obwohl Daniel Day Lewis wirklich alles aus dieser Rolle rausholt, hoffe ich, dass das nicht der letzte Film von Spielberg war, denn das wäre ein ziemlich unwürdiger Abschied vom Regiestuhl - ich war von dem Pathos und den unendlich langatmigen und schwer verständliche Drehbuchmonologen extrem gelangweilt und stellenweise genervt. Dafür habe ich mich entschädigt mit einem geschätzten Kilo Apfelringe, die mein absolutes Stressfutter sind und grade in Prüfungszeiten immer im Haus sein müssen. Außerdem gab es einen ersten Frühlingsgruß, als mein Mann  mir am Dienstag spontan Blumen mitgebracht hat. Ich liebe Tulpen und kann jetzt zumindest behaupten, dass in unserer Wohnung endlich Frühling ist.
Seit dieser Woche läuft "Grimm" auf NBC statt freitags schon dienstags - schade für mich, ich schau es online und es war immer ein guter Start in den Samstag, nach der Hausarbeit an den Computer zu verschwinden ;-) Ich liebe die Serie ja noch immer und bin zum ersten Mal enttäuscht von deutscher Synchronisation, weil sie die kruden Sprachphantasien des Originals kmplett rausgestrichen haben, dadurch verliert die Serie für mich erheblich an Charakter ...
In der Stadt selbst war zwar Weißbierfest und ich wäre gern hingegangen, aber ein deprimierend schlechtes Ergebnis in der Lehrprobe hat dazu geführt, dass ich mich mit Apfelringen und Eiscreme auf der Couch vergraben habe. Dass mein Mann auch noch das Wochenende abends auf der Theaterbühne verbringt und mich nicht trösten kann, ist auch nich beser - also gebe ich mich ganz der Schwermut hin und meinen Trostbüchern. Es gibt einiges aufzuholen ;-)

Alles neu macht der Mai :-)

Der ein oder andere hat es bereits entdeckt, ich habe den Maifeiertag dazu genutzt, mich mal wieder mit meinem Blogdesign zu beschäftigen. Ja, ich werde im Alter immer niedlicher und knuffiger, das müssen irgendwelche Hormone sein ... Wie auch immer, die Umbauarbeiten sind noch nicht vollständig abgeschlossen, da ich parallel eigentlich lernen müsste, um endlich, endlich fertige Lehrerin zu werden. Um ehrlich zu sein, habe ich jedoch so absolut keine Lust, irgendetwas dafür zu tun - eine Stelle werde ich sowieso nicht bekommen, also bin ich zur Zeit einfach nur deprimiert und gelangweilt und will so gar nichts mehr machen - geht es noch jemandem so?

Wie auch immer, ich habe den Umbau dazu genutzt, mit auch gleich noch Gedanken darüber zu machen, worüber ich hier eigentlich blogge. Deshalb habe ich zumindest drei wichtige Termine als Dauerzustand eingeplant, die ihr auch links auf der Wochentafle entnehmen könnt.

Montags werde ich auch weiterhin mit "52 Wochen, 52 Buchfragen" Interessantes kundtun zu einem mir vorgegebenen Thema. Donnerstags erhaltet ihr einen kleinen Einblick in das "Bücher-ABC", davon dürft ihr euch noch überraschen lassen - es werden nicht nur Rezensionen sein, obwohl ich damit zumindest einen Teil der schon länger zurückliegenden Lesewerke abzuarbeiten gedenke. Sonntags werde auch ich mich einreihen in die wöchentliche Rückschau, was das Leben so bereithielt und dadurch einen klitzekleinen Einblick in meinen Alltag geben ;-)

Ja, das war es auch schon an Neuerungen. Die Schrift wir beibehalten :-p, leider gibt es einfach keinen adäquaten Ersatz, der mich befriedigend würde, und der Hintergrund passt jetzt zumindest zum Header, den ich mir in mühevoller Arbeit zusammengestellt habe. Dank shabbyblogs verfüge ich über einen schier unendlichen Vorrat an Gratis-Bildchen, -Rahmen und -Schnickschnack, die ich einzusetzen gedenken, um mein Bedürfnis nach Lieblichkeit zu erfüllen :-)

Mittwoch, 1. Mai 2013

Raymond Khoury - Immortalis

Bei Ausgrabungen in Beirut erhält die Archäologin Evelyn Besuch von einem alten Freund aus dem Irak. Er bietet ihr Kunstgegenstände zum Kauf an, darunter ein altes Buch mit dem Emblem einer sich auffressenden Schlange. Schon bald stellt Evelyn fest, dass nicht nur sie Interesse an dm Buch hat, schließlich wird sie von einem Unbekannten entführt, den alle nur Hakim nennen. Ihre Tochter Mia, eine Genforscherin, macht sich gemeinsam mit dem CIA-Agent Corben auf die Spur der Entführer, denn der Inhalt des Buches kann die Menschheit verändern - es verspricht Unsterblichkeit ...

Ich weiß nicht, was mich an dem Buch gestört hat. Eigentlich enthält es alles, was ein Thriller haben sollte. Ein Bösewicht aus tiefster Seele; zwielichtige Gestalten; eine Verschwörungstheorie mit einem bekannten Hauptdarsteller, nämlich dem Grafen von St.Germain; Schießereien; ein geheimnisvoller Schatten aus der Vergangenheit; und noch viel mehr. So viele Zutaten, da muss das Essen doch einfach super werden, oder nicht? Nein, eben nicht. Denn trotz aller Action hat es Khoury einfach nicht geschafft, mich bei der Stange zu halten. Die Figuren haben mich nicht gepackt, es ist kein Mitfiebern entstanden, keine Spannung, sondern eine Aneinanderreihung von Action-Szenen. Sicher, die sind gut und machen Spaß, aber trotzdem ... es fehlt einfach etwas an diesem Buch, das mich wirklich gepackt hätte. Kann man lesen, muss man aber nicht

Sebastian Fitzek - Der Nachtwandler

Als Leon eines Morgens aufwacht, überrascht er seine Frau natalie dabei, wie sie die Koffer packt. Der Grund könnte in dem blauen Auge liegen, das sie plötzlich hat, aber wieso weigert sie sich, auch nur ein Wort mit Leon zu sprechen? Schlimmer noch, seine Eltern behaupten, er hätte ihnen eine Kreuzfahrt geschenkt, plötzlich ist sein bester Freund und Gescäftspartner stinksauer auf ihn - was ist passiert? Leon hat einen Verdacht. Als Kind litt er unter starken Anfällen von Schlafwandelei, die er mit einer Therapie langsam unter Kontrolle bekam. Um zu überprüfen, was er im Schlaf tatsächlich tut, besorgt er sich eine Kopfkamera, die ihn nachts begleitet. Als er am nächsten Tag die Aufnahmen überprüft, glaubt er seinen Augen nicht. Denn er tritt im Schlaf durch eine Tür hinter seinem Schlafzimmerschrank ...

Es ist irgendwie bei vielen Fitzek-Büchern dasselbe. Ich lese sie, ich fühle mich blenden unterhalten, ich bin begeistert von der Auflösung (die auch diesmal immer doch noch eine Frage offen lässt) - und trotzdem stehe ich da und denke mir "Irgendwas hast du nicht mitgekriegt". Das Buch handelt in erster Linie von dem Stadium zwischen Schlaf und Wachzustand, es war irgendwann ziemlich schwer, zu folgen, in welcher Ebene man grade steckt. Ich habe dieses Phänomen bei amerikanischen Thrillern irgendwie so gar nicht, da nehm ich sehr viel hin, weil es einfach so weit weg ist und Amerika halt dieses komische Land ist. Aber dasselbe Spielprinzip in Deutschland hinzunehmen, fällt mir als Leser schwer - ich kann es nicht genau erklären. Das macht Fitzeks Bücher nicht schlecht, sie sind wirklich gut und spannend geschrieben, aber irgendetwas Undefinierbares sperrt sich in mir, das so hinzunehmen. Ich mag Fitzeks Bücher dennoch, auch wenn immer ein schales "Hmmmm" bei mir bleibt, und der "Nachwandler" ist sicher nicht sein schlechtestes.