Samstag, 14. Dezember 2013

Annika Thor - Eine Insel im Meer

Wien, 1939. Die zwölfjährige Steffi und ihre kleine Schwester Nelli leben als Kinder einer assimilierten jüdischen Familie in der Stadt und erleben den aufkeimenden Nationalsozialismus nach dem Anschluss Österreichs. Um ihre Kinder zu schützen, entschließen sich die Eltern dazu, Steffi und Nelli mit einigen anderen Kinder nach Schweden zu schicken. Noch in diesem Jahr, das ist das feste Versprechen, wollen sie nachkommen und im Norden ein gemeinsames Leben starten. So landen die beiden Mädchen in einem Land, dessen Sprache sie nicht sprechen, und werden in zwei Gastfamilien untergebracht. Während Nello bei Tante Alma sehr schnell Anschluss an die zahlreichen Kinder findet und immer mehr schwedisch spricht, klammert sich Steffi an die Hoffnung, ihre Eltern bald wiederzusehen. Nicht zuletzt, weil sie bei Tante Märta, einer sehr verschlossenen und strengen Frau, lebt, die nur schwer ihre Gefühle zeigen kann. Steffi fühlt sich einsam und weiß mit ihrer Wut und Angst nicht umzugehen. Erst nach fast einem Jahr verbessert sich das Verhältnis zu Märta, und schließlich schlägt Steffis Lehrerin vor, dass das Mädchen auf das Gymnasium nach Göteborg geschickt werden soll. Aber wer soll das bezahlen - und lohnt es sich, wenn doch die Eltern bald nachkommen werden?

Ich habe das Buch dank der SZ-Jugendbibliothek kennengelernt und war schwer beeindruckt davon. Annika Thor hat einen großartigen Erzählstil gefunden, um bereits Zwölfjährigen den Zugang zum Themenbereich des Nationalsozialismus und Fluchterfahrung zu ermöglichen. Sie verwendet keinen Holzhammer, zeigt aber sehr deutlich die Schrecken, die Steffi und Nelli bisher erfahren haben. Besonders beeindruckend sind die Szenen zwischen den Geschwistern, als sie sich langsam in Schweden einleben. Steffi, die alles daran setzt, die Erinnerung wach zu halten - und Nelli, die ihre Tante Alma irgendwann Mamma nennt, weil das die anderen Kinder im Haus doch auch alle tun. Auch die allmähliche Annährung Steffis an ihre Pflegemutter, das langsame Sich-zu-Hause-fühlen der beiden Mädchen werden gut dargestellt. Das Buch lädt dazu ein, sich in Steffi hineinzuversetzen und sich zu fragen, wo man selbst hingehört oder was ein Zuhause eigentlich ausmacht. Ich würde sagen, hier ist ein sehr empfehlenswertes Buch, das auch noch drei Folgebände hat, an die ich mich bei Gelegenheit mal setzen möchte ;-)

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