Samstag, 13. September 2014

[Buchgedanken] Elke Schulze - Erich Ohser alias e.o.plauen. Ein deutsches Künstlerschicksal

Es gibt Autoren, deren Leben tritt so vollständig hinter ihren Werke zurück, dass man immer wieder überrascht davon ist, dass sie reale Personen waren. e.o.Plauen gehört mit Sicherheit zu diesen Personen, denn mal ehrlich, was weiß man über ihn? Mit viel Glück, dass der Erich Ohser aus Plauen kam und einen Sohn hatte - und da sind wir auch schon bei "Vater und Sohn" angekommen. Dabei ist das Leben dieses Mannes so was von verflucht ... kompliziert und spannend, dass es sich lohnt, sich damit näher zu beschäftigen.

Elke Schulze nimmt den Leser dieser sehr reich bebilderten Biografie mit in dieses Leben, allerdings - und das ist mein wesentlicher Kritikpunkt - streift sie dabei nur an der Oberfläche. Wir begleiten Erich kurz zur Schule, erfahren von seiner Entscheidung, Künstler werden zu wollen, und von den zwei Freundschaften, die sein Leben prägen werden: Erich Kästner, dessen Gedichtbände er zum Teil später illustriert, und Erich Knauf, einem Zeitungsredakteur, mit dem Ohser schließlich 1944 gemeinsam ins Gefängnis wandern sollte. Doch bis dahin liegt noch ein Weg, auf dem e.o.plauen alles mitnimmt, was möglich ist. Eine On-Off-Beziehung mit seiner großen Liebe Marigard, eine Künstlerin wie er, die nach der Machtübernahme die Familie alleine durchbringen musste, weil Ohser dank seiner politischen Karikaturen ein Berufsverbot erhalten hatte. Dann 1934 die Möglichkeit, unter Pseudonym Comic Strips zu veröffentlichen - und der Durchbruch mit "Vater und Sohn", zwei trotz aller NS-Anpassung des Künstlers so unpolitischen und unangepassten Figuren, dass man sie liebhaben muss. Die sogar Goebbels mit dem Karikaturisten versöhnen, der bald zum Erfolgsgaranten wird und einen Popularitätsaufschwung erlebt, dass er schließlich sogar wieder politische Karikaturen anfertigen darf. Und schließlich 1944 der Selbstmord unmittelbar vor dem Beginn eines Prozesses, weil der schwerhörige Ohser seinem Freund Erich wieder einmal zu laut politische Witze erzählt und diesmal die falschen Leute zuhören ... Dieses Leben wird in Zitaten, Faksimiledrucken und vor allem Fotografien ausgebreitet in einem überbordenden Bilderreigen, der zum Weiterlesen verführt, gepaart mit einfachen und gut recherchierten Kapiteln zu all diesen Stationen. Die Autorin schreibt einfach, klar und sachlich, ich habe mich jede Sekunde informiert und unterhalten gefühlt, wenn auch wie gesagt, sehr vieles nur an der Oberfläche blieb.

Ich hoffe, dass es bald mal eine richtig lange, gut aufbereitete Biografie über ihn gibt, für die dieses Buch eine gute Grundlage sein kann. Ich würde sie sofort kaufen!!

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