Montag, 25. April 2016

[Rezensionsexemplar] Liz Balfour - Das Haus bei den fünf Weiden

Hanna ist eien junge Anwältin, die allerdings gekündigt wurde. Deshalb ergreift sie das Angebot ihrer Mutter, für diese die Schätzung eines Nachlasses zu übernehmen. In einem einsam stehenden Haus in Cork lebte der alte Mr. Oliver, der kürzlich mit 99 Jahren verstarb und sich vor allem verdient machte um das Sammeln historischer Alltagsdokumente. Schon bald wird sie hineingezogen in eine tragische Liebesgeschichte, die ihren Anfang 1938 im Haus der Olivers nimmt ...

Ach, es war schon nett. Ich habe im April mal wieder ein Buch gebraucht, mit dem ich schnell ins Lesen reinkomme, und dabei fiel meine Wahl auf dieses Buch, das ich über das bloggerportal bekommen habe. Rein objektiv betrachtet sind diese knapp 300 Seiten doch ziemlich dünn und geradlinig erzählt, ich hätte mir ein wenig mehr Biss gewünscht und die Figuren nicht ganz so eindimensional gestaltet. Insbesondere Hanna als Anwältin der Armen war mir eine Spur zu sehr idealisiert. Andererseits hat Liz Balfour einen sehr angenehmen Schreibstil, der sofort ins Buch zieht und mich unterhält, mehr wollte ich gar nicht. Das Buch lebt vor allem von der Ebene in den Vierziger Jahren, die alles in allem die spannendere Geschichte bildet und sogar noch ein wenig zurückreicht in die Anfänge der irischen Republik, und ich hätte mir hier gewünscht, dass da ein bisschen mehr Atmosphäre geschaffen wird. Dazu muss man wissen, dass ich bei historischen Romanen immer ganz gerne paralle so ein bisschen auf wikipedia recherchiere, wenn irgendwelche berühmten Namen oder Ereignisse erwähnt werden. Wenn dann der Abschnitt Michael Collins einfach nur aus den Fakten besteht, die ich auch nachlesen kann, bin ich als Leser immer ein wenig enttäuscht. Viel interessanter für mich wäre es gewesen, diese Linie ausgebaut zu bekommen, wirklich einzutauchen in die Zwanziger und dadurch auch zu verstehen, warum diese Liebesgeschichte so tragisch wird. So habe ich nämlich ein bisschen das Gefühl, die Autorin wollte halt schnell was auf den Markt werfen und konnte sich da für keine Lösung entscheiden oder hatte keine Idee, also wird das einfach weggelassen. Für mich macht aber grade das den Reiz historischer Romane aus, dass ich als Leser die Möglichkeit habe, durch die Erzöhlung mehr zu erfahren als es vielleicht der Protagonist des Gegenwartstrangs im Buch tut.

Insgesamt würde ich durchaus wieder zu Liz Balfour greifen, wenn ich ein unterhaltsames Buch suche, das an meinen Kopf keinen großen Anspruch stellt, mich aber bei der Stange hält und z.B. auf den Balkon begleiten darf.

Dienstag, 19. April 2016

[Rezensionsexemplar] Petra Hammesfahr - An einem Tag im November

Es ist ein normaler Novembertag, als die Poliei verständigt wird. Abends, um zehn Uhr. Denn die fünfjährige Emilie ist verschwunden, während ihre Mutter einen Nachmittagsschlaf gehalten hat. Die Nachbarn haben sie noch kurz gesehen, aber seitdem verliert sich von dem Mädchen jede Spur. Kommissar Klinkhammer ist alarmiert und nimmt die Ermittlungen auf, doch auch er kommt nicht weiter. Erst im Nachhinein wird deutlich, dass effektiv kleine Änderungen in der Nachbarschaft seit Monaten dafür gesorgt haben, dass am Ende die Katastrophe passieren wird ...

Ich war ziemlich gespannt auf das Buch, das ich mir mal wieder als Rezensionsexemplar aussuchen durfte. Petra Hammesfahr hat einen extrem lässigen Schreibstil in meinen Augen, sie kann Handlungen sehr genau aufbauen und sehr logische Ablaufketten zur Grundlage ihrer Romane machen. Für mich sind ihre Krimis immer eher "feel good"-Krimis, bei denen Spannung aufgebaut wird, sich ein wohliges gefühl des "Wer wird es denn gewesen sein?" einstellt und die ich am Ende zuklappe und denke "ach, das war nett". Und zwar nett im positivsten Sinn.

Bei diesem Buch war ich allerdings anfangs ziemlich genervt vom Aufbau, weil sie hier nicht etwa chronologisch vorgeht, sondern immer wieder hin- und herspringt zwischen aktueller Ermittlung, vergangenen Ereignissen (auch die wild durcheinander), die Perspektive immer wieder wechselt und ich knapp 150 Seiten (und einen Flug ohne weiteres lesematerial) gebraucht habe, um wirklich ins Buch zu finden. Wenn man sich aber auf diesen Aufbau einlässt, ist die Geschichte extrem spannend, denn man will einfach wissen, was jetzt diese ganzen zusätzlichen Handlungsgeschichten eigentlich mit dem Verschwinden emilies zu tun haben. Ist die gestohlene Jacke von Benny Knüppers wirklich der Flügelschlag des Schmetterlings? Diese chaostheoretische Überlegung trägt den Roman wirklich gelungen über eine ziemliche Seitenanzahl und hält mich als Leser bei der Stange. Dass auch noch alte Bekannte im Buch auftauchen, ist vielleicht noch einmal in besonderer Bonus für Hammesfahr-Fans, allerdings eine Warnung: wenn man "Die Mutter" noch lesen will, sollte man das vor diesem Buch tun, denn es enthält leider ziemliche Spoiler auf die Handlung und Lösung ...

Wirklich nicht gelungen fand ich dieses Mal aber die Figurenzeichnung. Da ist nicht eine Figur dabei, die mehrere Facetten zeigt, sondern alle erfüllen ihr Stereotyp. Da wäre der vernachlässigte Teenager, der kriminelle Osteuropäer, die gefrustete Vollzeitmutter, der erfolgreiche Einwanderer zweiter Generation, der Karrierevater, und so weiter. Diese Ansammlung hat das ganze für mich immer mehr zu einer Art Playmobil-inszenierung werden lassen, der ich zwar gerne zugeschaut habe, mit deren Figuren ich aber nicht wirklich mitfühlen konnte. Ich glaube, die einzige Überraschung war die erste Beschreibung Annes durch Klinkhammer, da dachte icvh "ups, irgendwie hab ich sie mir bisher anders vorgestellt", aber selbst das wird innerhlab kurzer Zeit wieder gerade gerückt. Bei diesem Buch steht der Storyaufbau eindeutig im Fokus, sodass man bereit sein muss, über stereotype Figuren hinwegzusehen.

Mittwoch, 13. April 2016

[Rezensionsexemplar] Kate Racculia - Willkommen im Bellweather Hotel

Jedes Jahr im November findet in dem alten, einst prachtvollen Bellweather Hotel ein landesweiter Musikwettbewerb statt. Hunderte von Nachwuchstalenten strömen durch die Flure, darunter auch der schüchterne Rabbit Hatmaker und seine divenhafte Zwillingsschwester Alice, die bereits jetzt an ihren Memoiren schreibt. Auch Minnie Graves ist nach fünfzehn Jahren zum ersten Mal ins Bellweather zurückgekehrt. Damals, als kleines Mädchen, wurde sie Zeugin einer schrecklichen Tragödie, die sich in Zimmer 712 ereignete. Als die Hotelgäste von einem gewaltigen Schneesturm überrascht werden und eine begnadete Flötistin verschwindet – ausgerechnet aus Zimmer 712 –, treffen bei der Suche Personen aufeinander, die mehr miteinander gemeinsam haben, als sie ahnen. Und bald schon überschlagen sich die Ereignisse …

Ich habe mir das Buch einfach nur wegen des Titelbilds als Rezensionsexemplar ausgesucht. Ich hatte weder den Inhalt gelesen noch zuvor nach Rezensionen gesucht - ich fand einfach diesen Flügel im Schnee so vielversprechend. Dann kam das Buch und ich habe es erstmal hinten in den Lesestapel gelegt. Leider, muss ich sagen. Denn als ich es jetzt auf einer langen Zugfahrt gelesen habe, habe ich mir wirklich nur gewünscht, es schon viel früher aufgeschlagen zu haben. das Buch ist so britisch, wie ich es mir kaum habe vorstellen können, obwohl es gar nicht in England spielt. Ein relativ klassischer Whodunit, bei dem eine Horde skurrilster Charaktere durch ein Hotel stolpern und man Seite um Seite umblättert, weil man wissen will, was jetzt als nächstes passiert. Jeden einzelnen gewinnt man im Laufe des Buchs lieb, weil sie so erfrischend normal in ihren Absonderlichkeiten sind - und bei manchen möchte man sich wegschmeißen.

Dabei sit der Schreibstil jetzt gar nicht so unglaublich witzig, es ist eher ein der Situtastina gnepasster Stil, bei dem mein innerer Vorleser immer einen recht neutralen und ein wenig trockenen Tonfall angeschlagen hat, wodurch die Handlung gleich nochmal komischer wirkte. Und nichtsdestotrotz ist hier ein Krimi aufgebaut, dem man gerne folgt, der spannend erzählt wird und beim Lesen großartig unterhält. Ganz ehrlich, mehr davon hätte ich dieses Jahr gerne noch auf der Liste!

[Rezensionsexemplar] Kishwar Desal - Das geliehene Kind

Delhi. Hier bringt eine Frau ein Kind zur Welt. So weit, so normal. Doch bei dieser Frau handelt es sich um eine Leihmutter, die die kleine Amelia für ein englisches Paar austrägt. Noch während bei dem Baby ein HIV-test positiv ausfällt, verschwindet sie spurlos, und schon kurz darauf kommen die englischen Eltern bei einem Unfall ums Leben. Simran Singh nimmt sich der Waise an und  und reist nach London, um eventuelle Angehörige des Elternpaars zu finden, für das Amelia bestimmt war. Bei ihren Recherchen und ihrem dringenden Versuch, dem kranken Baby zu helfen, ist es, als würde die Sozialarbeiterin in ein Wespennest stoßen, denn sie findet ein Gewirr aus Korruption, Täuschung und Verschleierung der Abläufe, und sie scheint schlafende Hunde geweckt zu haben. Als auf sie selbst ein Anschlag verübt wird, kommt ihr die Tragweite des Falls und die Gefährlichkeit dieses Netzwerks erst so richtig zum Bewusstsein. Wem kann sie noch vertrauen und wo sitzen die eigentlichen Drahtzieher?

Harter Tobak ist das Buch für mich grade, weil ich selbst nicht in der Situation stecken wollen würde. Wunschkinder, sagt sich so leicht, aber bei diesem krimi wird gefragt, welchen Preis man für ein Wunschkind zu zahlen bereit wäre. Wie sehr gerade Leihmutterschaft in Indien zu einer Industrie verkommen ist, bei der längt nicht alles legal ist, was legal zu sein scheint,  die aber gleichzeitig für viele Frauen die einzige Möglichkeit darstellt, sich zu versorgen. Insofern war das Buch ein heißes Thema und ein Bereich, der nicht sehr oft in Krimis zu finden ist. Gepaart war es mit einer extrem starken Protagonistin, die sehr viele Klischees über Indien aufräumt - auch wenn sie für meinen geschmack geglentlich schon zu sehr mit dem Holzhammer gezeichnet wurde, um auch ja zu zeigen, wie unabhängig, strk und gleichzeitig auch verletzlich Simran Singh sein kann.

Für mich aber irrsinnig schwer war der Aufbau des Buchs, und das führt zu erheblichen Abzügen. bedingt durch die Geschichte wechselt das Buch natürlich zwischen Schauplätzen, aber als ob das nicht schon schlimm genug wäre, springt man dabei immer wieder durch die Zeiten. Nicht etwa chronologisch, sondern mal hierhin, mal dorthin - mein Kopf ist zur Zeit eingestellt auf monodimensionale Lektüre und ich fand es wahnsinnig anstrengend, der Handlung folgen zu können. Deshalb von mir leider wirklich nur eine mittelmäßige Bewertung, obwohl es mti Sicherheit ein spannender Krimi ist, dessen Grundaussage man nicht jeden Tag hört.

Dienstag, 5. April 2016

[Rezensionsexemplar] Peter Cameron - Die merkwürdige ehe der Coral Glynn

Coral Gylnn ist eine junge Krankenschwester, die kurz nach Ende des zweiten Weltkriegs als Pflegerin für die Mutter des kriegsversehrten Major Hart auf dessem abgelegenen Landsitz engagiert wird. Schon nach kurzer Zeit macht ihr ihr Chef einen Heiratsantrag, den Coral annimmt, ohne so wirklich zu wissen wieso. Mrs Prence, die altgediente Haushälterin des Majors, ist von dieser Eheschließung alles andere als angetan und nutzt einen tragischen Vorfall in der Umgebung dazu, Coral in Verruf zu bringen. Diese flieht daraufhin nach London und das Ehepaar Hart entfremdet sich mehr und mehr ...

"Merkwürdig" ist das Adjektiv, das ich beim Lesen dieses Romans immer mehr im Kopf hatte. Bei dem Titelbild und derbeschreibung hatte ich auf einen hitchcock-esquen Roman gehofft, der sich ein wenig im Stil von "Rebecca" bewegt, ein Buch, das ich wirklich toll gefunden habe. Diese Hoffnung habe ich schon bald verloren, denn sowohl sprachlich als auch psychologisch konnte mich das Buch nicht vom Hocker reißen. Die Figuren bleiben alle erschreckend farblos, ich kann nicht eine ihrer Handlungen wirklich nachvollziehen. Das fängt bei diesem Heiratsantrag an und geht weiter über die Dialoge, die ich insgesamt sehr unbeholfen finde. Natürlich, diese Figuren zeichnen sich dadurch aus, dass sie immer wieder aneinander vorbei reden und sich unbeholfen anstellen, aber dennoch kann ein geübter Schriftsteller eine solche Unterhaltung in Worte fassen, die nicht so völlig an den Haaren herbeigezogen wirken. Ich habe nicht eine einzige der Figuren ins Herz geschlossen oder zumindest genug Interesse für sie finden können, um mich näher auf zu einzulassen, sondern habe mich beim Lesen mehr und mer wie unter einer Käseglocke gefühlt, die mich vom Roman ausschließt. Je mehr Seiten vergingen, desto weniger gespannt war ich auf das Ende, sondern habe mir die frage gestellt, was Peter Cameron mit dem Roman eigentlich genau will. Für tiefere aussagen ist er mir zu seicht, sind mir die figuren und irhe Handlungen zu wenig austariert und nachvollziehbar. Als Satire auf die Fünfziger Jahre Schmöker-Romane ist er aber auch zu schal, da schafft der Roman es nicht, mir wirklich Typen vor Augen zu führen, die auch nur im Ansatz überzeichnet sind. Das Buch ist wie ein sehr lange stehen gelassener Martini, man trinkt ihn halt, weil es einem Leid tut um den Gin, nicht, weil man das Bedürfnis danach hat, ihn noch zu genießen ...

Samstag, 2. April 2016

[Rezensionsexemplar] Jaroslav Rudis - Nationalstraße

Vandam war einer von denen, die es losgetreten haben am 17. November 1989, als unten in der Prager Altstadt auf der Nationalstraße die samtene Revolution ins Rollen kam, die einige Wochen später das kommunistische Regime hinwegfegte. Damals war Vandam ein junger Polizist, ein Vorstadt-Held oben in der Plattenbausiedlung des neuen Prag, die dem Wald abgetrotzt mitten in rauer Natur liegt. Dort oben haben sie als kleine Jungs heimlich Krieg gespielt, dort hat Vandam nach seinem Vater gesucht, wenn der wieder einmal angedroht hatte, er würde sich erhängen, bis er am Ende doch übers Balkongeländer sprang. Fünfundzwanzig Jahre später wohnt Vandam immer noch in der Plattenbausiedlung seiner Kindheit. Längst ist er kein Held mehr, sondern ein Verlierer: Wegen Gewaltexzessen aus dem Polizeidienst entfernt, prügelt er sich als einsamer Schläger durch Tage und Nächte und hebt im Fußballstadion regelmäßig die rechte Hand zum Hitlergruß ...

So bin ich eben, kaum habe ich mich an Krimis sattgelesen, suche ich eine Herausforderung und lande, dem bloggerprotal sei  Dank, bei einem literarischen Versuch aus der tschechischen Republik. 160 Seiten lang ist er nur, der Monolog eines Verlierers, in dessen Kopf ich schauen kann und den ich dennoch bis zum Ende nicht verstehe. Der redet und redet und redet und mir trotzdem nichts zu sagen hat. Der sich effektiv im Selbstmitleid ergeht und das wortgewaltig hinter Abhandlungen zu Politik versteckt. Eigentlich könnte er einem Leid tun, wenn er nicht so ein Unsympath wäre.
Und genau das macht das Buch für mich so interessant, trotz dieser Figur. Vandam ist eine Person, wie er dir jederzeit begegnen könnte (und wenn ich das richtig verstanden habe, hat der Autor ihn tatsächlich nach einem lebenden Vorbild gezeichnet), und dem man eigentlich zuhören müsste, um die Dinge um ihn herum zu verstehen. Die enttäuschten Hoffnungen nachvollziehen, die verquere Sichtweise akzeptieren und sich einfühlen können - nur so wäre ein Dialog möglich. Und dennoch sträubt sich alles in einem, genau das zu tun, stattdessen würde man ihn gerne wegschieben und sich mit etwas Schönerem beschäftigen. Dass einen Rudis dennoch bei der Stange hält, ist der große Gewinn an diesem Kurzmonolog.

[Rezensionsexemplar] Arthur Philips - Angelica

Alles beginnt damit, dass Mr.Barton es satt hat, die vierjährige Angelica weiterhin im Elternschlafzimmer nächtigen zu lassen. Ein normales Eheleben, so sagt er, ist nicht denkbar, so lange das Kinderbett nicht im eigenen Zimmer steht. Seine junge Frau Constance fühlt sich alles andere als wohl dabei und sieht sich schon bald bestätigt - Nacht für Nacht häufen sich seltsame Vorkommnisse. Ist es wirklich ein mörderischer Dämon, der das Haus der Bartons in Besitz hält? Oder schmiedet Constance' Ehemann ein tödliches Ränkespiel?

Hach, da hatte ich mich mal verleiten lassen. Gruselig anmutendes Titelbild, ein Klappentext, der schaurigen Grusel des Viktorianismus verspricht - da kann doch nicht viel falsch gehen! Leider dennoch so einiges, wie ich nach dieser Lektüre herausfinden musste. Das Buch beginnt durchaus spannend und man findet sich schnell hinein in diese Ehe, deren Voraussetzungen und Abläufe den Leser immer wieder irritiert aufblicken lassen. Mir hat vor allem die Idee gefallen, das ganze Geschehen aus drei bzw. vier verschiedenen Sichtweisen vermittelt zu bekommen, wodurch jede einzelen Handlung immer wieder anders wirkt und neue Erklärungen bietet.

Leider liegt meiner Meinung nach hierin aber auch die absolute Schwäche des Romans, denn durch die immer neuen Sichtweisen bietet Phillips so viele Erklärungsansätze, dass er sich völlig verzettelt. Wie ein Schiff in Seenot steuert er immer neue Inseln an und bevor man auch nur ansatzweise einen Fuß darauf hätte setzen können, kommt schon das nächste. Insgesamt will er eine psychologische Analyse der Eheproblematik bieten, die durch die viktorianische Sexualmoral hervorgerufen wird. Diese Betrachtungen werden allerdings so verbrämt dargestellt, wie es vermutlich ebenso im Viktorianismus geschehen würde. Dass er keinen Schauerroman schreiben wollte - verständlich. Aber die psychologische Seite ist einfach so wenig ausgestaltet, dass sie sehr nach Küchenpsychologie riecht und dadurch wenig glaubwürdig erscheint. Dabei gäben die Figuren und auch die interessante Erzählstruktur so viel her, womit man einen richtig guten Roman hätte schreiben können. Aber hier gehen die meisten Dinge einfach nur ins Leere :-(