Samstag, 27. August 2016

[Buchgedanken] Guy Delisle - Aufzeichnungen aus Jerusalem

Da seine Frau im Rahmen der "Ärzte ohne Grenzen" nach Israel geht, zieht die Familie Delisle, die inzwischen aus Vater, Mutter und zwei Kindern besteht, wieder einmal um. Für ein Jahr richtet man sich also ein in Jerusalem, der heiligen Stadt für gleich drei große Weltreligionen, und damit auch mitten hinein in ein Land, das seit seiner Gründung zwischen Bedrohung und Bedrohen schwankt. Während seine Frau täglich in den Gazastreifen fährt und dort die berühmt-berüchtigte Mauer überqueren muss, macht sich der Comiczeichner an ein neues Projekt: das Leben in Israel und Palästina zu entschlüsseln und den Alltag im Leben eines Landes zu erfahren, in dem man an jeder Ecke auf völlig verrückte Dinge stoßen kann ...

Ich hatte so lange schonmal wieder einen Comic lesen wollen und dann bin ich in der Stadtbibliothek über den hier gestolpert. Guy Delisle kannt eich bereits durch "Pjöngjang" und ich war gespannt, ob auch seine Israel-Aufzeichnungen mich wieder fesseln udn gleichzeitig zum Schmunzeln bringen können. Die Antwort lautet: ja, unbedingt. Das liegt vor allem in den sehr reduzierten Panels, in denen auch die Texte nur sparsam eingesetzt werden. Sehr oft zu sehen sind Panels, in denen Landschaft oder Gebäude im Zentrum stehen, insbesondere die Mauer um den Gazastreifen. Hier fährt Delisle immer wieder entlang und schafft es, das Gefühl der Bedrohung und gleichzeitig das Gefühl der Aussperrung gleichzeitig für den Leser zu zeigen. Ich war extrem fasziniert von den geschilderten Lebensumständen in Israel, insbesondere für die palästinensische Bevölkerung in der Westbank. Die Ausflüge an Universitäten zu israelischen und zu palästinensischen Studenten waren ebenfalls sehr spannend, vermitteln sie doch völlig unterschiedliche Sichtweisen auf das Leben, die Delisle einfängt, ohne sie zu bewerten.

Überhaupt ist es das, was mir an den Aufzeichnungen sehr gefallen hat, man erhält als Leser die Chance, seine eigene Position zu finden, ohne in die eine oder die andere Sicht gedrängt zu werden. So wie der Autor auch einfach reingeworfen wird in dieses Leben, geht es dem Leser, und das ist die größte Stärke des Buchs.

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