Donnerstag, 23. Februar 2017

[Fastnachtslesen_2017] Mögen die Spiele beginnen

Hach ja, Fasching ... Ich vermisse es hier auf der Insel kein bisschen. Meine Schwiegermutter-in-spe und ich haben vorhin mein Fotoalbum durchgeschaut und sie war wiklich schwer begeistert von den Faschingskostümen meiner Kindheit. Ich weiß noch nicht genau, ob ich es schade finde, dass das Babymonster das nicht erleben wird, aber zur Zeit bin ich wirklich froh, zum ersten Mal den Fernseher einschalten zu können, ohne Karnevals-Tääätäää zu hören.

Ich mache es mir heute Abend definitiv auf der Couch gemütlich und werde den Abend weniger zum Lesen nutzen, sondern eine Bestnadsaufnahme für den Blog machen: wie groß ist mein SUB jetzt eigentlich? Danach werde ich versuchen, meinen fire zu updaten und wenn das gelugen ist, mache ich mich buchtechnisch auf nach Baraihn. Ein update gibt es später am Abend :-)

Update, 20:58 Greenwich Time:

Wow. 73 Bücher. Das ist dann doch weniger, als ich gedacht habe. Ich habe den Umzug genutzt und doch einige Bücher aussortiert, von denen ich denke, dass ich sie nie gelesen hätte, selbst wenn sie im Regal standen. Die, die jetzt da sind, sind eine bunte Mischung aus aktuellen Büchern, Klassikern und Spontankäufen, denen ich nicht aus dem Weg gehen kann.

Ans Lesen mache ich mich aber jetzt definitiv am fire und es wird "Two old Fools on a Camel" von Victoria Twead, über ihr Leben als Austauschlehrer in Barain. Na dann mal los, auf geht's :-)

Montag, 20. Februar 2017

[Rezensionsexemplar] James Oswald - Die Gräber der Vergessenen

In einer tiefen Schlucht nahe Edinburgh wird die Leiche eines Mannes gefunden, fürchterlich zugerichtet und über und über mit Tattoos bedeckt. Kaum hat Inspector Tony McLean den Tatort besichtigt, versetzt ein weiteres schockierendes Verbrechen die schottischen Behörden und Medien in Aufruhr: Der Politiker Andrew Weatherly hat zuerst seine Frau und seine beiden kleinen Töchter erschossen, dann sich selbst. Warum lief der angesehene Mann plötzlich Amok? McLean soll für rasche Aufklärung des Falls sorgen. Doch als er einen Zusammenhang zwischen dem tätowierten Toten, der Familientragödie und den einflussreichen Kreisen Edinburghs entdeckt, begibt er sich auf gefährliches Terrain ...

Ach du liebe Güte. Das war mein Gedanke, der beim Lesen dieses Buchs immer mehr in den Vordergrund trat. Was klang, wie ein fast schon vom Schwedenkrimi infiltrierter Ausflug nach Schottland, entpuppte isch als ein handfester Mystery-Krimi, bei dem eine übernatürliche Lösung angeboten wird, die man erstmal schlucken können muss. Darauf war ich wirklich nicht vorbereitet und irgendwie vergisst das der Goldmann-Verlag in der Beschreibung dieser Serie auch ein wenig (genuso, wie die Tatsache, dass es eine Serie ist, das hier ist Band 4, was aber nicht so richtig aus dem Klappentext deutlich wird).Deshalb bin ich, ehrlich gesagt, nicht wirklich begeistert vom Buch, das in anderer Hinsicht wirklich gut zu lesen war.

Auf der Positivseite stehen vor allem die Atmosphäre Schottlands im Winter, die Oswald hervorragend einfängt, und eine Hauptfigur, die ein wenig wie der sympathischere Cousin von Wallander wirkt. McLean ist knorrig und knurrig, er ist misstrauisch gegenüber "denen da oben", aber das Ganze ist nicht so extrem gekoppelt an diese Weltuntergangsstimmung aus Schweden, sondern es besteht durchaus Hoffnung, dass der mürrische Haudegen etwas ändern könnte. Das hat mir gut gefallen und war es vielleicht auch, was mich mit dem Buch doch noch einigermaén versöhnt.

[Rezensionsexemplar] Simone van der Vlugt - Tiefe Stiche

Die erste Frau wird auf dem Parkplatz eines Supermarkts niedergestochen. Die zweite in einem Wohngebiet. Kurz darauf wird eine Schwerverletzte auf einem Radweg mit knapper Not gerettet. Ganz Alkmaar steht unter Hochspannung: Wen wird es als Nächstes treffen? Kommissarin Lois Elzinga hat weder eine brauchbare Spur noch ein hilfreiches Täterprofil. Jemand scheint wahllos Frauen anzugreifen. Erst als der Täter wieder zuschlägt, begreift Lois, wie viel dieser Fall mit ihr selbst zu tun hat – und wie wenig Zeit ihr bleibt …

Eins vorneweg: Lieber Diana-Verlag, könnt ihr aufhören, alles, was einen Serientäter beinhaltet, automatisch als Thriller anzupreisen und stattdessen ma sagen, was das Buch ist: ein verdammt guter Kriminalroman, in dessen Mittelpunkt nicht etwa der Thrill steht, sondern ganz solide Polizeiarbeit? Das würde dem Buch nämlich so viel gerechter werden!

Ich war, das kann man merken, anfangs auf etwas anderes eingestellt und hätte das Buch dann fast zu betulich gefunden. Dass dem nicht so war, liegt vor allem an der Fähigkeit der Autorin, einen solcehn Lesefluss zu entwickeln, dass ich einfach weiterlesen musste. Das Buch wird in zwei Handlungsebnen erzählt, man erfährt immer mehr über die geschichte der Kommissarin, die ich persönlich wirklich gut gezeichnet finde. Dass es sich hier um den dritten Teil einer Reihe handelt, wusste ich nicht, aber das hat für mich nicht wirklich einen Unterschied gemacht, van der Vlugt geht nicht den Weg, die Hauptfigur immer mehr zum dramaturgischen Mittelpunkt werden zu lassen. Stattdessen werde ich als Leser Teil der Ermittlungsakte, ich verfolge Spuren, laufe ins Leere und verusche, eine Verbindung zwischen meinen (im Gegensatz zur Polizei ein wenig weiterreichenden) Informationen zu sehen. Gefoppelt ist das ganze dann an eine schöen Figurenzeichnung, bei der mir die Hauptfigur immer sympathsciher wird, obwohl sie mit Ecken und Kanten ausgestattet ist. Für mich ist das der klare Pluspunkt dieses Krimis und genau der Grund, warum ich ihn weiterempfehle.

[Rezensionsexemplar] Wiebcke Gericke - BabySignal. Mit den Händen sprechen

Das Angenehme in einer deutsch-englischen Beziehung ist, dass das Baby gezwungenermaßen zwei Sprachen lernt. Das Problem dabei: es wird vermutlich erst einmal extrem verwirrt sein, was die beiden Sprachen betrifft. Um dem Abhilfe zu schaffen, wollte ich mich mal etwas genauer einlesen in Babyzeichensprache, mit deren Hilfe Kinder schon vor dem Spracherwerb kommunizieren können.

In ihrem Buch zeigt die Autorin zunächst einmal in einem Theorieteil, was Babyzeichensprache eigentlich ist, woher sie kommt und welche Möglichkeiten sie bietet. Man sollte nicht erwarten, dass man zweimal ein Zeichen macht und das Neugeborene antwortet. Meist wird so ab etwa acht Monaten ein erstes Imitieren der Gesten stattfinden, die dann mit zehn Monaten auch durchaus bewusst eingesetzt werden. Es ist also, wie das normale Sprechen mit dem Baby, erstmal eine sehr einseitige Angelegenheit. Und genau hier liegt meiner Meinung nach das Problem des Buches.

Angeschlossen an den Theorieteil folgt dann nämlich eine vielzahl nach Altersttufen sortierter Babyzeichen in sehr schönen Fotos, bei denen die Erklärungen manchmal aber für mich sehr kompliziert gehalten waren. Das heißt, dass ich mir die Gebärden erst einmal selbst erarbeiten muss und mich dann daran erinnern muss, was ich eignetlich gemacht habe, sollte ich das beim Kind anwenden wollen. Ansonsten sind im Buch aber, zumindest für mich, viel zu wenig Tipps für die konkrete Umsetzung von Babyzeichen - und genau das hätte ich mir aber gewünscht. Es ist eher eine Art Lexikon mit Theorieteil, das macht es aber für mich extrem schwer, mit dem Buch wirklich einzusteigen. Ohne einen Kurs, den ich parallel zum Lesen zufällig begonnen habe, hätte ich nicht wirklich Ideen, wie ich die Signale einem Baby spielerisch vermittele und ind en Alltag einbauen kann.Das wäre vielleicht eine Idee bei der nächsten Überarbeitung, dass man ein paar Ideen einfügt, statt noch mehr Anwenderinnen zu Wort kommen zu lassen, die immer wieder erzählen, welche Erfahrungen mit Babyzeichen sie gemacht haben.

{Rezensionseemplar] Mein Babyalbum

Wie lange war ich eigentlich auf der Suche nach einem Babyalbum, in dem ich alles, aber auch alles festhalten kann? Mindestens seit der Geburt. Und fündig wurde ich dann per Zufall beim bloggerportal - ich dachte mir, ich kann nichts falsch machen mit einem Rezensionsexemplar und habe jetzt allen Erstes zwei weitere Exemplare davon schon verschenkt.

Für mich ist das Buch hier rundum gelungen. Das fängt bei der Aufmachung an, die zwar kindgerecht und niedlich ist, aber nicht dieses überbordend-kitschige oder extrem-betuliche Element hat, das so viele Babyalben besizten. Diese frische Aufmachung merkt man beispielsweise bei den Erinnerungsfragen in den Kapiteln, bei denen nicht nur das klasssiche "Was hast du gedacht, als du dein Baby zum ersten Mal gesehen hast"-Heititei beantwortet, sondern auch mal Raum für Anekdoten hat. Der sehr ausführliche Teil zu den Meilensteinen hat es mir aber besonders angetan, das ist einfach schön gemacht und man schwelgt quasi beim Durchblättern schon in der Vorfreude. Dass man dann auch noch richtig viel Platz für Fotos hat, ist ein weitere Pluspunkt.

Die Verantwortlichn für dieses Buch haben sich wirklich Gedanken gemacht, das merkt man. ja, ich gestehe, ich bin ziemlich begeistert und ich freue mich ehrlich schon aufs Ausfüllen (wann werde ich nur je dazu kommen?) und auf das Erinnern. Das Buch ist nicht nur nett für die Kinder später, sondern auch schon für die Eltern während man die babyzeit erlebt. :-) 

{Rezensionsexemplar] Marianne Austermann/Gesa Wohlleben - Zehn kleine Krabbelfinger

Die ersten Wochen mit einem Baby sind super-easy: sie schlafen fast nur, essen dazwischen, und man selbst könnte den ganzen Tag nur auf dieses quietschige Windelbündel starren und es anhimmeln. Spätestens nach acht Wochen aber kommt dann doch die Frage auf, ob das reicht. Ich bn immer halb wahnsinnig vor Selbstzweifeln, ob ich nicht mehr fördern müsste oder sich das Kind hier vielleicht langweilt. Da war es ganz gut, dass mir dieses Buch beim Bloggerportal vorgeschlagen wurde.

Nach einer kurzen theoretischen Einführung geht es kapitelweise rein in die Vollen der pädagogischen Babyunterhaltung. Fingerspiele, Gesang (einfach nur neue Texte uf bekannte Lieder, was ich so oder so schon die ganze Zeit mache), Bastelanleitungen aus Haushaltsmaterialien, und alles, was Babys Sinne so ansprechen könnte. Vor allem die Schaukelspiele haben es meinem ja angetan, aus irgendwelchen Gründen findet er es super, zu kippen oder zu springen und zu schaukeln. Da bietet das Buch für mich wirklich eine reiche Auswahl, denn bisher beschränkte sch das Repertoire hier auf "Hoppe hoppe Reier".

Mir gefällt vor allem die sehr fröhliche Aufmachung des Buches. Bilder, schöne Formatierung und extrem hilfreiche Anleitungen, was man mit Fingern, Händen oder anderen Körperteilen anfängt während der Spiele, führen mich gut durch und ich kann die Sachen sofort umsetzen. Die zwischengeschalteten Basteleinheiten sorgen dann auch beim Blättern für Abwechslung. Mit dem Buch erhält man wahnsinnig viel und guten Input und kann es mit Sicherheit die gesamte Babyzeit über nutzen. Ich werde es jedenfalls ;-)

[Zeit zum Lesen] Es ist Zeit zum #Fastnachtslesen






Kerstin von wörterkatze hat es letztes Jahr ins Leben gerufen und auch dieses Jahr ist es wieder so weit: für die Karnevalsmuffel und Nicht-ganz-so-Jecken gibt es zwischen Weiberfasching und Faschingsdienstag das Fastnachtslesen 2017. Und für mich findet es dieses Jahr auch statt :-)

Zwar habe ich den Großteil des Tages eine kleine milchfordernde Pupsmaschine bei mir, aber was macht das schon - die Abende gehören weiterhin den Büchern und ich würde mich freuen, wenn ich das mal ein bisschen ausweiten könnte. Vor allem wird es aber ganz spannend, euch mal direkt an meinem Lesen teilhaben zu lassen, von daher: helau! ;-)


[Buchgedanken] Erich Maria Remarque - Im Westen nichts Neues

Sie sind 17 Jahre alt und haben gerade das Abitur gemacht. Sie sind jung, draufgängerisch und müssen an die Front. Der erste Weltkrieg fordert seinen Tribut, und so steht schon bald die gesamte Schulklasse in Uniform bereit. Ihr alter Lehrer hat sie quasi überredet, denn wie ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu kämpfen. Dass sich hinter diesem schönen Anspruch nichts anderes versteckt als ein elend langsames und dennoch fast nicht abwendbares Sterben als Kanonenfutter, erwähnt niemand.

Erich Maria Remarques Roman ist nicht umsonst ein Klassiker geworden, den man wirklich nur jedem ans Herz legen kann. Ich habe ihn jetzt ein paarmal gelesen, jedes Mal neu bin ich völlig überwältigt von der Lakonie, mit der Remarque dieses Bild vom Sterben malt. Einer nach dem anderen werden die Figuren ausgesiebt und dabei ist keinem ein wie auch immer gearteter Heldentod gegönnt. Im Gegenteil, in der Aussicht auf ein frisches Paar Stiefel von den Füßen eines Toten wird selbst der sympatischste Schüler zum Aasgeier, und angesichts des Dauerhungers im Frontgraben sucht man sich seine Freunde nach ihrem Talent im Organisieren von Lebensmitteln aus. Für mich am schlimmsten waren die Kapitel im Heimaturlaub, wo die Hauptfigur gute Miene zum bösen Spiel macht und vor allem die Mutter nicht beunruhigen will und ihre Sorgen mit lustigen Anekdoten beantwortet und gleichzeitig die Zeit in Zivil mehr genießt als er es sich je hätte vorstellen können.

Remarque nimmt den Leser mit in die Hölle der Grabenkämpfe, wobei selbst seine sehr deutlichen Schilderungen vermutlich nur einen Bruchteil des tatsächlichen Schreckens vermitteln. Dennoch schafft das Buch, seinen Leser mitzunehmen und ihm den Gedanken an einen glorreichen Krieg auszutreiben. Dass der Autor dafür nach der Erscheinung angefeindet wurde, dürfte klar sein, aber selbst heute noch hat der Text spürbare Wirkung, selbst bei der obercoolen achten Klasse, mit der ich das Buch als Klassenlektüre parallel zu meiner eigenen Lektüre gelesen habe. Vielleicht liegt das an Remarques Geradlinigkeit der Schilderung, bei der Prosaik und Poesie sehr nah beieinander liegen. Ich habe mich sofort aufgehoben geführt in dieser Sprache und konnte die Seiten quasi im Minutentakt umblättern, so sehr wurde ich davongetragen. Und trotz dieser Sprachgewalt bleibt er dabei ganz nah an seinen Figuren, alle wirken glaubwürdig und realisitsch in ihrer Darstellung. Ich werde das Buch vermutlich immer und immer wieder lesen und hoffe, es findet noch jede Menge neue und alte Leser.

Mittwoch, 15. Februar 2017

[Buchgedanken] Marguerite Yourcenar - Der Fangschuss

1919. Im Baltikum herrscht Bürgerkrieg. Mit einem Trupp von Weißgardisten kommt der preußische Offizier Erich von Lhomond nach Kratovice. Dort leben in einem halbzerstörten Schloß sein Jugendfreund Konrad von Reval und dessen Schwester Sophie. Inmitten der Kriegswirren entwickelt sich eine Geschichte voll erotischer Spannung. Als Sophie eines Tages mit den Rotgardisten verschwindet, ahnt Erich nicht, wie sie sich wiedersehen werden ...

Das Buch steht seit Erscheinen der SZ-Bibliothek in meinem Regal rum und Ende letzten Jahres habe ich gedacht, ich könnte mich ja endlich mal dran machen. Schon die ersten Seiten haben mir gezeigt, dass man für Yourcenars Werk wirklich in Stimmung sein muss. Die Melancholie zieht sich sehr schwermütig durch jede einzelne Seite und nur allzu oft war ich versucht, dem guten Erich zuzurufen, er solle jetzt mal mit dem nervigen Rumgeheule aufhören. Erzählt wird dieser Kurzroman nämlich in der Ich-Form aus Erichs Perspektive, der sich im Zweiten Weltkrieg während eines Truppentransports zurückerinnert. Dies ist, zumindst meiner Meinung nach, aber eindeutig die Einladung an den Erzähler, sich zu verlieren in Andeutungen, Rücksprüngen und einem unglaublichen Selbstmitleid darüber, wie sehr er doch Sophie auch heute noch nachtrauert. De facto ist es aber er, der Sophie, die heftig in ihn verknallt ist, immer wieder mit dem Anziehen-und-Abstoßen-Spiel an sich bindet und dabei gleichzeitig unterdrückte homoerotische Gefühle für ihren Bruder hegt.

Erich war mir also die meiste Zeit über herlich unsympathisch, während ich zu den anderen Figuren so gar keinen Zugang gefunden habe. Konrad war sehr verwaschen und geisterte eher ein wenig im Hintergrund rum, er erinnerte mich spontan an diese völlig durchgeistigten, meistens Klavier spielenden Aristokraten, die kurz vor Ende des Krieges Selbstmord begehen, weil sie an der Seele gebrochen sind. Sophie in ihrer Naivität und Verliebtheit ist nett, allerdings fällt es mri schwer, auch nur irgendeine ihrer Handlungen nachzuvollziehen. Mit Sicherheit liegt das daran, dass Erich nicht einmal im Ansatz versucht, Gründe für ihre Taten zu finden, die nichts mit ihm selbst zu tun haben - ich glaube aber, das hinter Sophies Verhalten noch anderes stecken muss, Erich sich aber nicht einmal die Mühe macht, diesem auf die Spur zu kommen.

Nein, ich werde vermutlich kein Fan von Yourcenar, deren Stil mir so überhaupt nicht zusagt. Dennoch kann man mal reinschauen, denn kurz genug ist das Buch, um sich einen Eindurck zu verschaffen.

Mittwoch, 8. Februar 2017

[Buchgedanken] Giorgio Faletti - Ich töte

Ein unheimlicher Serienmörder verbreitet Angst und Schrecken im schillernden Fürstentum Monaco. Seine Morde kündigt der Wahnsinnige im Radio an, seine Opfer sucht er unter den Schönen und Reichen, seine Trophäen sind makellose Gesichter. Für den FBI-Agenten Frank Ottobre und Nicolas Hulot, Kommissar der Sureté, beginnt die Jagd nach einem Phantom, das ihnen immer einen Schritt voraus zu sein scheint …

Ich habe das Buch jetzt zum, so glaube ich, dritten Mal gelesen. Und jedes Mal erinnere ich mich zwar genau daran, dass es einen überraschenden Twist hat, aber ob ihr es glaubt oder nicht, ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was das für ein Twist ist. Man könnte das jetzt als Qualitätsmerkmal für Krimis anlegen, schließlich ist es ja hilfreich, wenn man auch beim zweiten Lesen wieder miträtseln kann. Anderersetis spricht es halt auch nicht unbedingt für den Inhalt, wenn so eine wichtige Informations spurlos aus meinem Gehirn gelöscht wird. Das gilt eigentlich sogar für das gesamte Buch, die Ausgangsdee ist toll, aber von der Geschichte bleibt kaum etwas zurück, es plätschert vor sich hin und ist mit brutalen Morden gespickt, ein wirkliches Motiv, so steht es in meinen Notizen, vermisse ich aber wirklich. Stattdessen ist das Ende sehr konstruiert und verlangt mir zuviel Gutgläubigkeit ab. Allein schon, dass ein zru Zeit beurlaubter FBI-Agent plötzlich in Monaco ermittelt, wird nicth weiter erklärt, sondern das muss ich als Leser halt mal so hinnehmen. Die Figuren bleiben dementsprechend ein wenig blass und stereotyp, obwohl sie durch das ungewöhnliche Setting auch ein wenig gerettet werden. Überhaupt ist es vielleicht vor allem der Schauplatz Monaco, der mich als Leser bei der Stange gehalten hat, wann hat man schon einmal die Gelegenheit dazu, dorthin abzutauchen?

Alles in allem also ein durchschnittlicher Thriller mit nettem Schauplatz. Vielleicht ganz okay im Urlaub ;-)

[Buchgedanken] Heinz Strunk - Der goldene Handschuh

Fritz Honka. Für viele in den Siebzigern geborene ist der Name eine Art Schwarzer Mann. Honka, das war doch der St.Pauli-Killer. Der nur zufällig erwischt wurde, weil bei einem Hausbrand die Feuerwehr über die in seiner Wohnung verwesenden Opfer stolperte. Lebt der eigentlich noch?

Heinz Strunk hat sich dieser Geschichte angenommen. Strunk ist ja ein Autor, der gerne über das schreibt, was ich echt nicht lesen muss. Detaillierte Ausscheidungsbeschreibungen und sowas. Kann man machen, oder auch nicht. Für dieses Buch ist Strunk allerdings als Autor wie gemacht, denn man muss einfach dahin gehen, wo es weh tut, will man Honkas Welt zum Leben erwecken.

Honkas Welt, das ist der "Goldene Handschuh", eine Absturzkneipe in St. Pauli. Hier werden sie an Land gespült, die Alkoholiker, die Einsamen, die Verlierer, die schon morgens nichts anderes mit sich anzufangen wissen. Und vor allem natürlich die Huren. Nicht die jungen, gut aussehenden, sondern die anderen. Die, von denen man nichts mehr wissen will und die trotzdem drauf angewiesen sind, dass sich jemand ihrer für eine Nacht erbarmt. Genau die sind es, die Honka anziehen, denn auch er ist einer dieser Menschen. Als Kind missbraucht, körperlich und seelisch gebrochen und auf der Suche nach jemandem, bei dem er mal das Sagen hat. Man könnte fast Mitleid mit ihm haben.

Dieses Lokalkolorit malt Strunk und benutzt dabei nicht den feinhaarigen Aquarellpinsel, sondern eher ... eine Malerrolle, die er ganz tief eintaucht in den Dreck und Bodensatz St. Paulis, um sie dann mehr als genüsslich unter der Nase des Lesers zu verreiben. Das muss man echt mögen, selbst mir hartgesottenem Leser ist da gelegentlich ein wenig übel geworden und das will was heißen. Das spricht aber auch für die Qualität Strunks, der es schafft, trotz all dessen den Leser zum Weiterblättern zu verleiten. Man muss für das Buch in Stimmung sein, ganz ehrlich, aber es lohnt sich auf jeden Fall, diesen Blickwinkel einzunehmen.

[Buchgedanken] Dave Eggers - Der Circle

Die 24-jährige Mae Holland ist überglücklich. Sie hat einen Job ergattert in der hippsten Firma der Welt, beim »Circle«, einem freundlichen Internetkonzern mit Sitz in Kalifornien, der die Geschäftsfelder von Google, Apple, Facebook und Twitter geschluckt hat, indem er alle Kunden mit einer einzigen Internetidentität ausstattet, über die einfach alles abgewickelt werden kann. Mit dem Wegfall der Anonymität im Netz – so ein Ziel der »weisen drei Männer«, die den Konzern leiten – wird die Welt eine bessere. Mae stürzt sich voller Begeisterung in diese schöne neue Welt mit ihren lichtdurchfluteten Büros und High-Class-Restaurants, wo Sterne-Köche kostenlose Mahlzeiten für die Mitarbeiter kreieren, wo internationale Popstars Gratis-Konzerte geben und fast jeden Abend coole Partys gefeiert werden. Sie wird zur Vorzeigemitarbeiterin und treibt den Wahn, alles müsse transparent sein, auf die Spitze …

Ich bin auf dieses Buch durch Zufall gestoßen, weil es mir als Lieblingsbuch empfohlen wurde. Runtergeladen auf meinen erader war es schnell, gelesen noch schneller - und seitdem bin ich am Überlegen, was ich dazu Schlaues sagen kann. Zuerst einmal vorneweg: ich bin begeistert und das Buch landet definitiv auch auf meiner Liste der ewig empfehlenswerten Bücher. Das liegt sicher nicht an der Figurenzeichnung (sehr oberflächlich) oder dem besonders eloquenten Sprachstil. Nein, es ist die Idee der Geschichte, die mich so sehr beschäftigt.

Ich bin bei facebook. Ich bin bei instagram. Ich schreibe regelmäßig in einem Forum, von dem mich etliche Mitglieder persönlich kennen und/oder meine Adresse durch diverse Wichtelaktionen haben. Ich betreibe einen Blog über meine Lieblingsbücher. Ich habe amazon-Account und Netflixzugang, ich besitze eine Punktesammelkarte. Kurz gesagt: Ich hinterlasse täglich meine Spuren im Internet und mit Sicherheit ist es relativ einfach, Dinge über mich herauszufinden, wenn man weiß wie. Keine dieser einzelnen geteilten Informationen ist mir peinlich oder es wäre mir unangenehm, wenn jmand es weiß. Aber wie sieht das aus, wenn jemand plötzlich alle diese Informationen auf einmal über mich haben kann? Würde ich dann immer noch sagen "ich hab ja nichts zu verbergen?" Wann weiß "das Internet" zuviel über mich? Und vor allem: kann ich wirklich davon ausgehen, dass alle diese Informationen so völlig unnötig sind und niemanden interessieren?

Mae geht diesen Fragen die Mehrheit des Buchs wirklich gekonnt aus dem Weg und wird mehr und mehr zu einer gläsernen Person. Dass sie dabei aber auch Informationen über andere automatisch mit herausgibt (die Krankheit ihres Vaters, Gedanken und Gefühle ihres Exfreundes, und dergleichen mehr), scheint ihr wirklich egal zu sein. Vielleicht bemerkt sie es gar nicht mal, was ihre eigene Unbekümmertheit für Auswirkungen hat, bis dann ein (meiner Meinung nach jedoch reichlich an den Haaren herbeigezogenes) Unglück passiert. Aber selbst das lässt sie nur kurz mal Stocken. Wenig wird die Frage gestellt, ob und inwiefern Menschen von den Likes und Kommentaren ihrer Follower abhängig sein könnten. Genau das ist es aber meiner Meinung nach, was bei Mae, die sich anfangs völlig unterfordert in ihrem alten Job gefühlt hat, auch dazu beiträgt, dass sie so gutgläubig in die enge Verflechtung stolpert, in der sie sich am Ende verheddert.

Mich beschäftigen so viele einzelne Szenen aus dem Buch immer noch. Viele der Erfindungen des Circle sind gar nicht so sehr an den Haaren herbeigezogen - grade eben lief bei facebook eine Werung für mich rein, in der ein Armband für Kinder beworben wird, das den Eltern per App jederzeit Miteilungen gibt über den Standort aber auch Atmung, Blutdruck und Herzschlag. Als jemand, der immer noch gelegentlich nachts hochschreckt, weil das Kind mal zur Abwechslung länger schläft, denke ich zuerst: klasse, jetzt kann ich wenigstens immer wissen, ob es ihm gut geht. Als Leser des Buchs denke ich mir: Was, wenn die Schule solche Bändchen obligatorisch machen würde? Nein, wirklich los lässt mich das Buch nicht und ich werde vermutlich noch bis Ende des Jahres daran zu knabbern haben.

Freitag, 3. Februar 2017

[Buchgedanken] Graeme Simsion - Der Rosie-Effekt

Don Tillmans »Ehefrau-Projekt« hat geklappt. Er lebt mit Rosie in New York. Und Rosie ist schwanger. Don will natürlich der brillanteste werdende Vater aller Zeiten sein, stürzt sich in die Forschung und entwickelt einen wissenschaftlich exakten Schwangerschafts-Zeitplan für Rosie.
Aber seine ungewöhnlichen Recherchemethoden führen erstmal dazu, dass er verhaftet wird. Was Rosie auf keinen Fall erfahren darf, um ihre Beziehung nicht zu belasten. Also muss Don improvisieren, seinen Freund Gene einspannen und Lydia, die Sozialarbeiterin, davon überzeugen, dass er ein Superdad sein wird. Bei alledem übersieht er fast das Wichtigste: seine Liebe zu Rosie und die Gefahr, sie genau dann zu verlieren, wenn sie ihn am meisten braucht ...

Ich fand "Das Rosie-Projekt" ja ganz nett und habe deshalb auch die Fortsetzung gelesen. Und ich kann nicht wirklich in Worte fassen, wie doof ich dieses Buch fand und wie sehr meine Leseerwartungen enttäuscht wurden. Rosie und Don leben also in New York. Irgendwie müssen sie auf dem Flug dorthin ausgetauscht worden sein. Aus Don wird ein karikaturistisches Abziehbild, das in jeder dämlichen Nerd-Soap auftreten könnte, und Rosie wird zu einer egomaischen Egoistin, die so gar nichts mehr mit der Rosie gemeinsam hat, die ich kennengelernt hatte. Ganz ehrlich, so ziemlich jede einzelne ihrer Handlungen ist so nicht-nachvollziehabr und zum Teil einfach nur haarsträubend (und ich rede hier nicht von dem allgegenwärtigen "Mein Bauch, mein Alkohol, den ich die ganze Zeit über in mich reinschütte"). Ab dem Zeitpunkt von Dons Verhaftung ist dieses Buch einfach nur eine klischeebehaftete Komödie, aus der einem der Wunsch "Verfilm mich endlich!" entgegenschreit. Dabei sind die Szenen aber so sehr geplant, dass keine Atmosphäre aufkommen will, sondern man stattdessen immer nur den Kopf schüttelt und genervt die Augen rollt. Sollte da jemals ein dritter Band erscheinen, findet er ohne mich als Leser statt.

[Buchgedanken] Camilla Läckberg - Die Schneelöwin

Seit Wochen ist die fünfzehnjährige Victoria aus Fjällbacka verschwunden, und nun taumelt sie mitten im Winter vor ein Auto. Als sie obduziert wird, stellt man fest, dass sie aller ihrer direkter Sinneswahrnehmungen beraubt wurde. Patrik und seine Kollegen finden schnell heraus, dass sie nicht der einzige verschwundene Teenager in der Umgebung ist, und versuchen den Täter zu finden. Währenddessen stellt Erica Recherchen für ihr neues Buch an, in dessen Mitelpunkt ein vierzig Jahre zurückliegender Fall steht ...

Ach, das war mal wieder nett und beschaulich in Fjällbacka. Da können noch so bestialische Serienmörder unterwegs sein, irgendwie fühlt es sich trotz allem wie bei Astrid Lindgren an. Mellbeck wird immer sympathischer und blüht in seiner Oparolle auf, Martin trägt sein Schicksal wirklich gefasst und Erica und Patrick sind selbst mit Zwillingen im Trotzalter noch immer die liebenswerten, netten Typen der letzten acht Bücher. Ein Feel-Good-Krimi, wenn man es so will, der aber für mich leider doch einige Mängel aufweist.

Aufgrund der sehr hohen Personenanzahl, deren Leben und Schicksale in der Serie sowieso schon behandelt werden, und der zusätzliche Protagonisten des Falles hetzt man als Leser regelrecht von Szene zu Szene. Grade im letzten Drittel leidet darunter aber für mich die Geschichte, denn durch das schnelle Abhandeln wird die Figurencharakteristik sehr zurückgefahren und in diesem Fall ist dadurch die Auflösung für mich sehr unglaubwürdig geworden. Da hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht, denn vor allem die Figur des Täters braucht deutlich mehr Erklärungen als die, die hier geboten werden.

Mein zweiter Kritikpunkt ist, dass sich nach inzwischen neun Büchern Läckbergs Ideen inzwischen recht offensichtlich für mich erschließen lassen. So war mir effektiv schon nach zwei Rückblenden in die Siebziger Jahre klar, worauf dieser Strang hinauslaufen wird, und die Täterauflösung kam mir aus einem ihrer früheren Krimis bereits sehr bekannt vor. Gut, den allerletzten Twist habe ich nicht direkt vorhergesehen, der war aber meiner Meinung nach auch nicht wirklich wesentlich, sondern diente vielleicht eher dazu, selbst Leute wie mich noch irgendwie zu überraschen. Vielleicht traut sie sich ja beim zehnten Band mal, etwas Neues zu beschreiten, aber ich glaube eher nicht.

Wer also einen netten, wenig überraschenden Krimi zum Liebhaben sucht, wird hier fündig. Wer harte Beschreibungen und psychologische Detailliertheit haben möchte, nimmt vielleicht doch eher ein anderes Buch zur Hand.

[Buchgedanken] Marina Lewycka - Die Werte der modernen Welt unter Berücksichtigung diverser Kleintiere (Various pets alive and dead)

Serge und Clara haben kaum Gemeinsamkeiten. Doch die zusammen durchlittene Kindheit in einer Hippiekommune hat sie für immer zusammengeschweißt. Die Nachricht ihrer Eltern, nach 35 Jahren wilder Ehe doch noch heiraten zu wollen, ist eine echte Überraschung. Doch es gibt Schlimmeres. Vor allem Serge steckt in der Klemme: Statt zu promovieren, dient er als Investmentbanker schon längst dem elterlichen Feindbild schlechthin: dem Kapitalismus. Er will das ganz große Geld machen, im Zweifelsfall mit illegaler Zockerei. Dumm nur, dass 2008 die Finanzwelt in ihre größte Krise stürzt – und mit ihr Serge …

Zufällig in der Bibliothek gesehen, habe ich natürlich direkt das Buch mitnehmen müssen. Marina Lewycka und ich haben ja eher eine gespaltene Beziehung, entweder ich finde ihre Bücher toll oder ich bin maßlos enttäuscht von den Wendungen, die sie nehmen. "Die Werte der modernen Welt ..." hängt da genau dazwischen, das scheint also auch möglich zu sein. Ich fand die Ausgangssituation wirklich toll, dieses zwischen-zwei-Welten-Schweben von Serge, der eine Heidenpanik vor der möglichen Reaktion seiner Eltern hat, sollten sie jemand erfahren, dass er in der City of London arbeitet. Ihn fand ich als Person sehr nett gezeichnet, auch wenn nicht alle seiner Handlungen für mich nachvollziehbar waren - aber hey, ich bin auch nicht total verknallt in eine Arbeitskollegin. Clara fand ich da schn serh viel blasser gehalten und vor allem ihre Episoden in ihrem Arbeitsumfeld der Schule konnten mich nicht wirklich packen.

Sehr bizarr und gleichzeitig lustig waren die Rückblicke in die Kommunenzeit, vor allem die Diskussionen und politischen Ergüsse, bei denen man beim ein oder anderen Teilnehmer doch eher das Gefühl hat, dass er eine Phrase nachplappert, die irgendwie beeindruckend klingt, aber nicht so wirklich mit dem Thema zu tun hat. Ein bisschen Judäische Volksfront in der englischen Provinz, nicht zu überspitzt dargestellt und gut zum Eintauchen in die Atmosphäre.

Leider ging es dann in der Gegenwart mit immer mehr Bankenkritik weiter und sehr ausführlichen Schilderungen von Serges Lieben und Leiden, was mich aber im Laufe des Lesens ein wenig gelangweilt hat, weil da halt weder was vorwärts ging, noch wirklich klar wurde, was sonst sein könnte. Darunter litten dann die anderen, sehr kurz gehaltenen, Episoden, die weniger ausgestaltet wurden.

Es war kein so schlechtes Buch. Aber halt auch nicht das Beste von ihr.