Samstag, 3. Februar 2018

[Rezensionseemplar] Emma Garnier - Grandhotel Angst

Italien, März 1899. Die junge Nell reist mit ihrem Mann Oliver an die ligurische Küste, um in Bordighera ihre Flitterwochen zu verbringen. Das Paar logiert im luxuriösen Grandhotel Angst. Nell ist von dem großartigen Gebäude, dem exotischen Hotelpark und dem Blick aufs funkelnde Meer fasziniert. Doch zu ihrer Überraschung kennt Oliver nicht nur bereits das Personal und einige Gäste, sie scheinen auch Geheimnisse zu teilen. Als ein Hotelgast überraschend verstirbt, beginnt Nell, nachzuforschen. Und stößt auf eine Geschichte von Schuld und Verrat – und auf eine unheimliche Legende, die sie in ihren Bann zieht. Bis sie plötzlich selbst im Verdacht steht, ein Verbrechen begangen zu haben ...

Ich sage jetzt direkt von Anfang an, dass ich es fast schon bereue, dieses Buch als Rezensionsexemplar bekommen zu haben, weil das bedeutet, dass ich mich verpflichtet gefühlt habe, es zu Ende zu lesen. Diese Offenbarung könnte bereits einen Hinweis darauf geben, wie zufrieden ich mit meiner Wahl war, aber ich begründe es gerne ausführlicher.

Der Klappentext und das Titelbild klangen genau nach dem, was ich grade lesen wollte. Ein charmanter Schauerroman-Thriller, ein bisschen übersinnlich, ein bisschen okkult. Als ich dann auch noch mitbekam, dass dieses Hotel mit dem ungewöhnlichen Namen tatsächlich existiert hat und dessen Ruine bis heute steht, war die Vorfreude noch größer. Kaum hatte ich die ersten Seiten gelesen, blieb davon nicht mehr viel übrig.

Der Leser lernt Nell kennen, eine junge Frau, frisch verheiratet und dem Wesen der Zeit entsprechend sehr behütet und ein wenig naiv. Um ehrlich zu sein ganz schön sehr naiv und mit einem dermaßenen Hang zur Hysterie, dass sie mir nach und nach gewaltig auf den Keks ging (als sie von sich selbst mal sinngemäß sagt, sie wolle nicht eine von diesen hysterischen Frauen sein, die die Welt um sie herum nicht verstehen, war meine Reaktion ein lautes Auflachen und "Mädchen, das bist du!") Ihr Traummann Oliver, den sie permanent als den Schwiegersohn des Herzens schildert, darf dagegen deraßen chauvinistische Sprüche vom Stapel lassen, die zwar dem Frauenbild geschuldet sein wollen, aber gleichzeitig so unglaubwürdig aus dem Nichts kommen, dass man sich wie in einer schlechten Parodie fühlt. Verstärkt wird dies noch durch die Sprache des Romans, die mich hat glaube lassen, die literarischen Ergüsse einer mittel talentierten Oberstufensschülerin zu lesen. Nein, man muss nicht zwangläufig alles mit Adjektiven beschreiben! Manchmal ist es ganz schön, Dinge auch anders vor den Augen des Lesers entstehen zu lassen. Über die Dialoge, die so hölzern daherkommen, dass man aus ihnen gleich ein neues Buch binden könnte, will ich mich nicht weiter auslassen, ich habe mich allerdings über diese pseudo-gestelzten Versuche amüsiert, mit denen die Atmosphäre der Jahrhundertwende eingefangen werden sollte.

Vor allem Nell ist als Charakter wirklich ungelungen, finde ich. Sie ist dermaßen sprunghaft in ihren Gedanken, dass sie ihre Richtung innerhlab von zwei Sätzen wechselt und dann doch zurück zum Ausgang hüpft, während ich daneben stehe und denke: "Mädel, komm doch einfach mal klar." Diese hysterische Naivität auf zwei Beinen sprintet durch eine Geschichte, deren Ausgangsidee großartig ist, und die im Verlauf der Handlung so extrem zerfranst und sich nicht entscheiden kann, was sie jetzt sein will: Thriller oder Gruselroman? Oder vielleicht doch ein bisschen Liebesdrama? Schlussendlic wurde mir eine so dermaßen an den Haaren herbeigezogene Auflösung geboten, dass ich immer noch nicht weiß, ob das Ernst gemeint war.

Alles in allem war das ein Buch, das ich nicht weiterempfehlen würde. Es hat keine Atmosphäre, sondern einen lächerlichen Pseudo-Touch, so wie ein Erlebnishotel das versucht, um jeden Preis das 19.Jahrhundert wiederauferstehen zu lassen, und die Handlung an sich ist so sprunghaft und unzusammenpassend, dass ich gerne aufgehört hätte zu lesen.

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